Das „nominelle“ Groß-Berlin 1909 – 1912
von Ulrich Roeske
Einleitung
Vor einiger Zeit erhielt der Heimatverein Steglitz e.V. folgende schriftliche Anfrage: Die Mutter des Einsenders war im Jahre 1914 in Berlin-Steglitz geboren worden, ihre Geburtsurkunde trug das Siegel des Standesamts Berlin-Steglitz. Dem Anfragenden war aber bekannt, dass Steglitz erst seit 1920 zu Berlin gehörte und vorher als Vorort von Berlin eine selbständige Gemeinde war. Für den Schreiber war es ein Widerspruch, dass sich Steglitz als Dorf bei Berlin schon 1914 offiziell „Berlin-Steglitz“ nennen durfte, weil dieser Name impliziere, dass Steglitz damals schon ein Teil Berlins, also nach Berlin eingemeindet, gewesen sei.
Es handelte sich hier jedoch um keinen Widerspruch, denn der Ortsname war von allerhöchster Stelle abgesegnet worden. Allerdings betraf dies nicht nur Steglitz, sondern sehr viele selbständige Stadt- und Landgemeinden, die als Vororte Berlins schon acht Jahre vor dem „Groß-Berlin-Gesetz“ von 1920 [1] „Berlin-“ als Bestandteil ihres Ortsnamens führen durften. Durch Kabinettsorder des preußischen Königs vom 8. Januar 1912, die am 1. April 1912 in Kraft trat, erhielten die drei Städte Deutsch-Wilmersdorf, Lichtenberg und Schöneberg, 25 in den Kreisen Teltow und Niederbarnim gelegene Dorfgemeinden und der Gutsbezirk Dahlem das Recht, ihrer Ortsbezeichnung den Namen „Berlin-“ voran- zusetzen.
Unter dem Begriff „nominelles Groß-Berlin“, der im Wesentlichen nur im Zeitraum von 1909 – 1912 gebräuchlich war, fassten der Berliner Magistrat, die meisten Vororte Berlins und verschiedene Presseorgane Bestrebungen der Vorortgemeinden zusammen, die „Berlin“ als Bestandteil ihres Ortsnamens führen wollten, ohne ihre Selbständigkeit als Städte und Dörfer im Groß-Berliner Raum aufzugeben. Im Folgenden soll die Genesis des Ausdrucks und der oben genannten Kabinettsorder untersucht werden. Groß-Berlin wurde durch sie im Jahre 1912 nicht real, sondern eben nur nominell verwirklicht, und dies bedeutete nur einen kleinen, aber interessanten Teilaspekt im Rahmen des Groß-Berlin-Problems, dessen Dimensionen im Folgenden zuerst erläutert werden sollen.
In diesen Rahmen fallen auch Fragen, die den Komplex Suburbanisierung betreffen, aber da man – bezogen auf den Zeitraum von 1871-1918 – hierunter „die Besiedlung städtischer Randlagen und die Entstehung von Siedlungskernen auf freier Feldmark“ [2] versteht, das heißt Vorgänge, die von der Stadt bzw. Großstadt selbst ausgehen, trifft der Begriff auf das vorliegende Thema nicht zu, denn die Schaffung des „nominellen Groß-Berlin“ hat nicht Berlin selbst initiiert, wie zu zeigen sein wird.
Die Groß-Berlin-Frage
Die Probleme um Groß-Berlin wurden Anfang des 20. Jahrhundert bis zum Ende des Ersten Weltkrieges heftig in der Öffentlichkeit diskutiert. Der Begriff „Groß-Berlin“ selbst ist etwas älter, er scheint bereits erstmalig benutzt worden zu sein in der „Vossischen Zeitung“ vom 6. August 1891, und er bezog sich damals auf die Bildung von „Groß-Wien“, die durch ein entsprechendes österreichisches Gesetz bereits am 14. Dezember 1890 erfolgt war. [3] Das Weichbild Wiens wurde damals durch die Eingemeindung von 30 ganzen und 27 Teilgemeinden um 12.272 Hektar auf 27.308 Hektar erweitert. [4]
Wenn man das heutige Berlin mit dem aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg vergleicht, so gehörten damals im Wesentlichen nur die späteren Verwaltungsbezirke Mitte, Wedding, Prenzlauer Berg, Friedrichshain, Kreuzberg und Tiergarten zum Stadtgebiet . Um die Kernstadt herum lagen die kommunalpolitisch selbstständigen Vororte und dementsprechend umfasste der Begriff „Groß-Berlin“ im allgemeinen Sprachgebrauch die Stadt Berlin mit ihren Vororten. Bis 1912 – das heißt bis zur Bildung des Zweckverbandes Groß-Berlin (darauf wird später eingegangen) – gab es jedoch keine offizielle Definition des Begriffs „Groß-Berlin“: Sein Inhalt und vor allem seine räumliche Ausdehnung war von der Gesetzgebung nicht fixiert und von verschiedenen Beurteilern zu verschiedenen Zeiten und bei verschiedenen Anlässen unterschiedlich bestimmt worden. Unzweifelhaft müssen die Städte Charlottenburg, Lichtenberg, Rixdorf (ab1912 Neukölln), Schöneberg, Wilmersdorf sowie im weiteren Sinne auch Spandau und Köpenick zu den Vororten Berlins gezählt werden. Bei der Anzahl der Dörfer gab es jedoch sehr unterschiedliche Zahlen: [5]
- Herbert Schwenk [6] zählt – bezogen auf die Zeit um 1900 – 151 „Städte und Gemeinden im Berliner Raum“, ohne diese im einzelnen aufzuzählen.
- Die amtliche Berliner Statistik [7] fasste den Begriff Groß-Berlin in seiner räumlichen Ausdehnung im Sinne einer Kreisfläche mit dem Halbmesser von 15 km um das Berliner (Rote) Rathaus als Mittelpunkt und kam so auf 64 Vororte. Diese Statistik gab es wohlgemerkt erst ab 1910.
- In einer 1910 erschienenen Denkschrift der Ältesten der Kaufmannschaft von Berlin bilden 58 Gemeinden Groß-Berlin. [8] Auf die gleiche Zahl kam die „Wilmersdorfer Zeitung“, als sie über die Volkszählung im Deutschen Reich vom 1. Dezember 1910 berichtete. [9]
- Bei der Deutschen Reichspost zählten 29 Städte und Gemeinden zur Ortsbrieftaxe, der sogenannten Fünf-Pfennig-Zone; hierauf wird im nächsten Kapitel eingegangen.
Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts hatte sich die Bevölkerung Berlins verdreieinhalbfacht. Bereits im Jahre 1880 lag die Einwohnerzahl schon bei mehr als einer Million und bis 1910 war auch die zweite Million überschritten. [10] Demgegenüber hatte sich aber das Stadtgebiet seit den letzten größeren Eingemeindungen im Jahre 1861 nicht wesentlich erweitert, das heißt Berlin war mit einer Fläche von ca. 6350 Hektar kleiner als Köln und München! [11] Die Folge war die Zusammenballung der Bewohner auf viel zu engem Raum, so dass sich die Stadt in ihr Umland ausdehnte, dessen Einwohnerzahl in den Grenzen des 1920 geschaffenen Groß-Berlin im gleichen Zeitraum um das Zwölfeinhalbfache auf 824.000 gewachsen war. [12] Es gab keinen organisatorischen Zusammenhang zwischen Berlin und seinen immer enger mit ihm zusammenwachsenden Vororten, die mit Berlin einen einheitlichen Wirtschaftskörper bildeten. Die preußische Regierung hatte zwar im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts versucht, vor allem die reichen Vororte nach Berlin einzugemeinden, aber die entsprechenden Verhandlungen zogen sich über Jahre hin und wurden schließlich abgebrochen. Vom Beginn des 20.Jahrhunderts an betrieb der preußische Staat eine Politik der Stärkung der Umlandgemeinden, die sich zu einem „Kranz blühender Vororte“ entwickeln und auf diese Weise ein Gegengewicht zu dem „roten“ Berlin bilden sollten. Diesem Ziel diente zum Beispiel die Genehmigung der Stadtwerdung von Lichtenberg und Wilmersdorf im Jahre 1907. [13] Aus dem gleichen Jahr stammt folgende Einschätzung, die im Rahmen einer öffentlichen Versammlung des „Liberalen Vereins für Schöneberg“ am 20.März 1907 getroffen wurde: „Die Stadt Berlin muss nolens volens im Rahmen Groß-Berlins die Rolle Preußens in Deutschland spielen: Wie einst Preußen so hat heute die Stadt Berlin einen Teil der Lasten der Gesamtheit zu tragen.“ [14]
Die Stadt Berlin selbst war mit dem 1. April 1881 aus der Provinz Brandenburg ausgeschieden und bildete seitdem eine Art Stadtkreis, für den aber nicht mehr der Regierungspräsident Aufsichtsbehörde war, sondern der Oberpräsident der Provinz Brandenburg, der in Personalunion zugleich Oberpräsident für Berlin war. So blieb die staatsrechtliche Stellung Berlins in der preußischen Staatsverwaltung kompliziert, [15]
Die Selbständigkeit der Vororte brachte es mit sich, dass im Großraum Berlin 15 Elektrizitätswerke, 17 Wasserwerke und 43 Gaswerke sowie knapp 60 Kanalisationsbetriebe existierten. [16] Außerdem gab es Krankenhäuser und Schulen aller Art mit getrennten Verwaltungen. Dazu kam, dass die Zuständigkeitsbereiche einzelner Verwaltungszweige (Post, Justiz und Polizei) sich nicht mit den Berliner Grenzen deckten, sondern auf die Vororte hin übergriffen. Viele Vororte hatten sich infolge des starken Bevölkerungszustroms baulich so weit ausgedehnt, dass sie sowohl mit Berlin als auch unter sich zusammengewachsen waren, so dass selbst Ortseingesessene kaum noch die Grenzen kannten. Auf diese Weise waren bei gleichzeitiger Umgestaltung der wirtschaftlichen Grundlagen aus selbständigen Gemeinwesen „Teile eines großstädtischen Ganzen geworden. Mit dieser Umgestaltung hatte aber die rechtliche Entwicklung nicht Schritt gehalten.“ [17] Dabei drängte der sich immer stärker ausprägende wirtschaftliche Vereinigungsprozess naturgemäß zu Formen kommunalrechtlicher Organisation.
Fatale Auswirkungen hatten zudem die sehr unterschiedlichen Steuersätze in den Groß-Berliner Gemeinden. Im Jahre 1910 wurden hier beispielsweise elf verschiedene Zuschlagssätze zur Einkommenssteuer erhoben. Die reichen Gemeinden im Südwesten von Berlin konnten es sich leisten, wesentlich niedrigere Sätze zu erheben als die im Verhältnis dazu armen Gemeinden des Nordostens. [18]
Bei dieser Ausgangslage hätte nur eine Verwaltungsreform die geschilderten Zustände verbessern können. Sie hätte von der preußischen Regierung initiiert werden müssen, doch diese wollte Berlin nicht zu stark werden lassen. Außerdem waren die zunehmenden Wahlerfolge der SPD in Berlin ihr ein Dorn im Auge. Infolge des Dreiklassenwahlrechts verfügte die SPD im Berliner Parlament zwar über eine relativ geringe Zahl von Mandaten, aber in Wirklichkeit stand die überwiegende Mehrheit der Berliner Bevölkerung hinter der SPD, das bewiesen die Ergebnisse der Reichstagswahlen. [19]
So kam für den Groß-Berliner Raum, der sich von Lichterfelde im Süden bis nach Weißensee im Norden sowie von Staaken und Spandau im Westen bis nach Köpenick und Rahnsdorf im Osten erstreckte, bis zum Ende des Kaiserreichs vor allem aus zwei Gründen eine Gesamtverwaltung nicht zustande:
- Die Sonderinteressen der einzelnen Vororte waren zu tief eingewurzelt und die Mehrheit der Vororte war nicht bereit, ihre Selbständigkeit aufzugeben.
- Zu groß war die Furcht der etablierten Parteien vor einem starken, sozialdemokratisch dominierten Groß-Berlin. [20]
Anstatt dessen wurde per Gesetz vom 19. Juli 1911 als das Minimum einer Zusammenarbeit, als lose Interessengemeinschaft nur ein Kommunalverband, der Zweckverband Groß-Berlin (offiziell als „Verband Groß-Berlin“ bezeichnet), geschaffen, [21] der am 1. April 1912 – zusammen mit der eingangs genannten Kabinettsorder vom 8. Januar 1912 – in Kraft trat. [22] – Der Kernsatz der amtlichen Begründung des Zweckverbandsgesetzes lautete: „Die Entwicklung hat aus den Vororten zum Teil blühende Gemeinwesen geschaffen, ihre Einverleibung in die Stadt Berlin würde heute ohne Vergewaltigung nicht mehr durchführbar sein. Unter diesen Umständen erscheint die Bildung eines Zweckverbandes als der einzige gangbare Weg zur Lösung der aus der Gesamtheit der Interessen in Groß-Berlin erwachsenen Aufgaben.“ [23] Demgegenüber ist belegt, dass die Furcht vor der immer stärker werdenden Sozialdemokratie für die Schaffung des Zweckverbandes Groß-Berlin maßgebend gewesen war; das wurde später sehr klar in der Sitzung des Preußischen Staatsministeriums am 18. Mai 1914 ausgesprochen: „Der Zweckverband ist geschaffen worden, um die Entstehung eines Groß-Berlin als eines einzigen städtischen Gemeinwesens mit einer Stadtverordnetenversammlung mit mehreren Hundert Mitgliedern, in denen die Sozialdemokratie das Übergewicht hat, zu verhindern.“ [24]
Die Bedeutung des Zweckverbandes im Hinblick auf den hier interessierenden Aspekt der Groß-Berlin-Frage bestand in Folgendem:
- Die preußische Regierung musste sich erstmals auf gesetzlichem Weg mit Groß-Berlin befassen.
- Die Berliner Vororte waren zwangsweise Mitglieder des Zweckverbandes, während sie sich – wie noch zu zeigen sein wird – freiwillig zum nominellen Groß-Berlin bekannten.
- Es hätte eines längeren und ruhigeren Prozesses bedurft, um die Gemeinden von Groß-Berlin enger zusammenzuführen; so aber brach zwei Jahre nach Gründung des Zweckverbandes der Erste Weltkrieg aus und somit standen ganz andere, dringendere Probleme im Vordergrund für die Berliner Vororte. [25]
- Die Organe des Zweckverbandes waren auf den wenigen ihnen zugewiesenen Gebieten – das waren die Sicherung von Freiflächen, die Regelung des Verkehrswesens und die Abstimmung von Bebauungsplänen – für Groß-Berlin zuständig.
- In den Verbandsorganen war die Stadt Berlin unterrepräsentiert und konnte jederzeit überstimmt werden.
- Im Zweckverband waren nur Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern „selbständige Glieder“, die Interessen aller übrigen Gemeinden wurden durch die Kreise Teltow und Niederbarnim wahrgenommen. Somit wurde der räumliche Umfang Groß-Berlins endgültig bis 1920 durch die Mitgliedschaft der Einzelgemeinden im Zweckverband gesetzlich definiert [26], jedoch umfasste der Zweckverband ein viel zu großes Gebiet: Viele an der Peripherie gelegene Gemeinden hatten kaum etwas mit Groß-Berlin zu tun und gehörten dennoch zum Zweckverband.
Wie in der Einleitung dargelegt, trat die Kabinettsorder vom 8. Januar 1912 am 1. April 1912 in Kraft, also am gleichen Tag wie der Zweckverband. Deshalb könnte man vermuten, dass die Berliner Vororte im Zusammenhang mit ihrer Mitgliedschaft im Zweckverband Groß-Berlin das Recht erhielten, künftig „Berlin-“ als Bestandteil ihres Ortsnamens zu führen. Weil aber eine erhebliche Anzahl der 374 Gemeinden, die insgesamt zum Zweckverband gehörten, in einer zu großen Entfernung von Berlin lag, wäre es unangebracht gewesen, wenn auch diese Orte „Berlin“- als Teil ihrer politischen Ortsbezeichnung hätten führen dürfen. Die Bestrebungen zur Schaffung eines nominellen Groß-Berlin standen definitiv nicht ursächlich im Zusammenhang mit der Gründung des Zweckverbandes, sondern sie gingen einen anderen Weg.
Initiator des nominellen Groß-Berlin wurde Deutsch-Wilmersdorf, ein südwestlich von Berlin gelegener Vorort. Es soll hier vorweggenommen werden, dass dieser Ort zunächst nur eigene Interessen durchsetzen wollte und in die Position als Vorreiter des nominellen Groß-Berlin quasi durch die Umstände gedrängt worden war.
Die Vorreiterrolle Wilmersdorfs
Deutsch-Wilmersdorf im Kreis Teltow war noch Mitte der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts ein bescheidenes Bauern- und Kossätendorf mit knapp 4.000 Einwohnern, um das sich in weitem Umkreis Brach- und Heideland erstreckte. Es kann und soll hier nicht geschildert werden, wie schnell sich diese Gemeinde vergrößerte, jedenfalls erhielt sie ab 1. November 1906 Stadtrechte, schied mit Wirkung vom 1. April 1907 aus dem Kreis Teltow aus und bildete fortan einen eigenen Stadtkreis. Der Aufstieg dieses Ortes zur Großstadt umfasste rund 25 Jahre, das heißt einen Zeitraum, wie er für das Entstehen städtischer Siedlungen, wenigstens in Deutschland bis damals, als beispiellos gelten darf. [27] Nach Charlottenburg, Rixdorf, Schöneberg und Lichtenberg war Wilmersdorf mit 109.716 Bewohnern im Jahre 1910 der fünftgrößte unter den Berliner Vororten [28] und zugleich in jenem Jahr auch die jüngste Großstadt Preußens.
Bereits seit der Jahrhundertwende erreichten die Wilmersdorfer Gemeindeverwaltung in zunehmendem Maße Klagen über irrtümliche oder verspätete Zustellung von Postsendungen. [29] Die Gemeindeverwaltung sah die Ursache dieser Klagen darin, dass es auf seinem Gebiet vier, später fünf verschiedene Postanstalten mit jeweils eigenen Bezeichnungen gab. Sie forderte in mehreren Eingaben an das Reichspostamt im Zeitraum vom Februar 1902 bis Januar 1908, künftig eine einheitliche Bezeichnung einzuführen. Das Reichspostamt antwortete auf diese Eingaben immer wieder abschlägig: Eine einheitliche Bezeichnung für die fünf Postämter Wilmersdorfs sei „nicht tunlich“, es sei nicht zweckmäßig, die bestehenden Verhältnisse zu verändern, sie würden den Anforderungen entsprechen. Offensichtlich spielte es für das Reichspostamt keine Rolle, dass sich inzwischen die Einwohnerzahl Wilmersdorfs fast verdoppelt hatte und aus der Landgemeinde ein eigener Stadtkreis geworden war. Für die Deutsche Reichspost war die politische Ortsbezeichnung maßgebend und solange die sich nicht änderte, sah die Post keinen Handlungsbedarf. In dem o.g. Verwaltungsbericht für die Jahre 1906-1910 beklagt der Berliner Magistrat viele andere Beispiele für die „postalische Zerreißung der politischen Gemeinde.“ [30]
Am 2.Juni 1908 befasste sich der Magistrat in Wilmersdorf erneut mit dem Thema und beauftragte Stadtrat Steinborn [31] „wegen einer Änderung des Namens der Stadt geeignete Schritte zu unternehmen“. Steinborn selbst hatte die Anregung gegeben und seinem Vorschlag folgend, beschloss der Magistrat am 24. November 1908, die bisherige Ortsbezeichnung Deutsch-Wilmersdorf in Berlin-Wilmersdorf umzuändern und die für die Namensänderung notwendigen Schritte zu unternehmen. Die Wilmersdorfer Stadtverordneten stimmten dem in der Plenarsitzung am 13. Januar 1909 mit großer Mehrheit zu. [32] Dabei wurde betont, dass nicht nur postalische, sondern auch ideelle Gründe für die Bezeichnung „Berlin-Wilmersdorf“ sprächen: Es werde in absehbarer Zeit zu einem „organischen Zusammenschluss dieses großen Wirtschaftskomplexes Groß-Berlin kommen… Wir behalten und wahren unsere Selbständigkeit, erkennen und bekennen aber gleichzeitig, dass wir ein Glied Groß-Berlins sind.“
Es gab auch Stimmen dagegen, wie etwa die Auffassung, Wilmersdorf sei rapid gewachsen und die augenblickliche Lage ließe auf weiteres Wachstum schließen; es sei deshalb nicht notwendig, „sich äußerlich an Berlin anzulehnen.“ Anscheinend gab jedoch schließlich eine Rede des Bürgermeisters Habermann [33] den Ausschlag für die Annahme des Antrags des Magistrats. Er führte aus, Wilmersdorf sei nur dadurch groß geworden, dass es vor den Toren Berlins liege und es sei deshalb auch für Wilmersdorf eine „gewisse Ehrenpflicht“, das „Deutsch“ durch „Berlin“ zu ersetzen. Der jetzt als gesichert erscheinende Verkehrsverband Groß-Berlin [34] sei der erste Schritt auf dem Wege zu Groß-Berlin, „mache Wilmersdorf durch seinen heutigen Beschluss den zweiten.“ [35]
Steinborn holte zunächst Stellungnahmen anderer amtlicher Stellen ein, die für den Fortgang der Sache wichtig erschienen, so beim Berliner Polizeipräsidenten, dem Landrat des Kreises Teltow und dem Berliner Oberbürgermeister und fand dort Verständnis für die Bestrebungen Wilmersdorfs. Mit dieser Rückendeckung wandte sich Steinborn am 25. Februar 1909 im Auftrag des Magistrats an die vorgesetzte Dienststelle, den Regierungspräsidenten in Potsdam. [36] In 10 Punkten, die hier nicht im einzelnen abgehandelt werden sollen, wurde der Antrag zur Umbenennung in „Berlin-Wilmersdorf“ begründet: Die bisherige politische Bezeichnung der Stadt mit „Deutsch-Wilmersdorf“ lasse Außenstehende vermuten, die Stadt liege an den Grenzen Deutschlands oder im Ausland, nur nicht als Großstadt vor den Toren Berlins. Der Zusatz „Deutsch-“ habe keine historische Berechtigung, er sei auf keine Verfügung einer zuständigen Behörde zurückzuführen, sondern Anfang des 19. Jahrhunderts in der Kanzlei des Landratsamts Teltow zur Unterscheidung von dem im selben Kreis gelegenen Dorf „Wendisch-Wilmersdorf“ eingeführt und seitdem beibehalten worden. Die einfache Weglassung des Wortes „Deutsch-“ sei aber deshalb nicht angängig, weil zu Preußen acht Wilmersdorfs (bzw. Willmersdorfs) gehörten und das Fortfallen des Vorworts „Deutsch-“ somit unweigerlich zu Verwechslungen führen müsse. Schließlich sei die Bezeichnung „Wilmersdorf bei Berlin“ von den städtischen Körperschaften deshalb verworfen worden, weil sie Auswärtige glauben ließe, Wilmersdorf sei bei Berlin gelegen wie etwa Potsdam oder Bernau. Dagegen werde die politische Benennung „Berlin-Wilmersdorf“ gewählt, weil
- durch sie die Zugehörigkeit Wilmersdorfs zu Groß-Berlin „am besten und schon rein äußerlich zum Ausdruck komme“,
- tausende Wilmersdorfer Bürger – Großkaufleute, Industrielle, Juristen usw. – in Berlin ihrem Berufe nachgingen oder in Wilmersdorf ihre Kontore hätten, alle aber Wert darauf legen müssten, „in Groß-Berlin zu wohnen und nicht in irgendeinem unscheinbaren Orte in der Nähe Berlins“,
- sie sich im Geschäftsleben bereits seit Jahren eingebürgert habe und von der
Mehrzahl der Bewohner tatsächlich seit Jahren angewandt werde.
Der Gedanke, es könnte durch die neue Ortsbezeichnung „Berlin-Wilmersdorf“ der Schein einer stattgefundenen Einverleibung in Berlin erweckt werden, wurde als unerheblich bezeichnet. Die besonderen Verhältnisse Groß-Berlins würden besondere Maßnahmen erfordern. Auf das Schreiben Steinborns an den Regierungspräsidenten vom 25. Februar 1909 erhielt der Wilmersdorfer Magistrat zehn Wochen später, am 8. Mai 1909, folgende Antwort, jedoch nicht vom Regierungspräsidenten, sondern vom Minister des Innern, von Moltke:
„Dem Antrage der Stadt Deutsch-Wilmersdorf, ihr die Umänderung ihres Namens in Berlin-Wilmersdorf zu gestatten, trage ich Bedenken, an Allerhöchster Stelle zu befürworten. Die von der Stadt beklagten Missstände in der Benennung und Einteilung ihrer Postzustellbezirke lassen sich, wenn überhaupt, so auch ohne die beantragte Änderung des Stadtnamens beseitigen. Im übrigen treffen die von der Stadt vorgebrachten Gründe für eine Aufnahme des Ortsnamens Berlin in die Stadtbezeichnung auch für viele andere Vororte von Berlin zu, ohne dass bisher von ihnen gleichartige Anträge gestellt wären. Für einen e i n z e l n e n Vorort den Namen in dieser Weise zu ändern, kann ich aber nicht für richtig erachten.“[37]
Die Antwort des Ministers war also ablehnend, doch wurde Wilmersdorf quasi ein Fingerzeig dahingehend gegeben, dass die Genehmigung möglicherweise nicht versagt werden würde, wenn andere Gemeinden Groß-Berlins ebenfalls eine entsprechende Umbenennung für sich beantragen würden. Um sein Ziel zu erreichen, musste sich Wilmersdorf also mit anderen Vororten Berlins in Verbindung setzen.
Verhandlungen mit den Vorortgemeinden
Wie sollten nun die für den Wilmersdorfer Plan zu gewinnenden Vororte ausgewählt werden? Wie oben ausgeführt, war der räumliche Umfang Groß-Berlins damals noch nicht allgemeingültig definiert. So bot sich – vielleicht als einzige vernünftige Lösung – eine Beschränkung auf diejenigen Vororte an, die zur sogenannten postalischen „Fünf-Pfennig-Zone“ gehörten. Dabei handelte es sich um rund zwei Drittel der Stadt- und Landgemeinden innerhalb des Oberpostdirektionsbezirks Berlin, nämlich 29 von 41 Gemeinden, die zum sogenannten Nachbarortsverkehr gehörten, das heißt innerhalb dieser 29 Vororte umfassenden Zone betrug das Porto für gewöhnliche Briefe fünf Pfennige. [38] Die äußere Grenzlinie dieser Zone sollte nun zugleich auch die Grenze für das angestrebte nominelle Groß-Berlin bilden; es konnten also nicht beliebige Vororte in weiterer Entfernung den Wunsch äußern, einbezogen zu werden.
Im Laufe des Sommers und Herbstes 1909 begann Steinborn im Auftrag des Wilmersdorfer Magistrats erste telefonische und schriftliche Verhandlungen mit Gemeinden, die zur postalischen Fünf-Pfennig-Zone gehörten, und er erhielt im Ergebnis Zustimmung für den Wilmersdorfer Plan. Mit dieser Rückendeckung wandte er sich auch an die übrigen Vororte innerhalb der Fünf-Pfennig-Zone. Dazu gehörten auch die Großstädte Charlottenburg und Rixdorf, die naturgemäß eine besondere Rolle im Groß-Berlin-Problem spielten, deshalb soll zunächst auf sie speziell eingegangen werden. Auch die Position Spandaus soll im vorliegenden Zusammenhing erläutert werden, bevor die kleineren Vorortgemeinden behandelt werden.
C h a r l o t t e n b u r g wurde von Stadtrat Steinborn gar nicht erst angeschrieben „wegen des besonderen Charakters als Residenzstadt als auch mit Rücksicht auf die bereits 200 Jahre alte städtische Vergangenheit, weshalb die Geneigtheit zu einer Umbenennung in Berlin-Charlottenburg nicht vorausgesetzt werden konnte.“ [39]
In der Tat hatte der Charlottenburger Oberbürgermeister Schustehrus [40] unter lebhaftem Beifall der Konservativen erklärt, Charlottenburg müsse „nicht auf ein Groß-Berlin, sondern auf ein Groß-Charlottenburg hinarbeiten“. [41] Charlottenburg war 1910 mit rund 306.000 Einwohnern nicht nur der größte Vorort Berlins, sondern im deutschen Kaiserreich die reichste Stadt Preußens [42], die zwar im Vergleich mit den übrigen Vororten Berlins in baulicher Hinsicht am engsten mit Berlin zusammengewachsen war, aber ein Zusammengehen mit den übrigen Vorortgemeinden im Sinne der Schaffung eines Groß-Berlin kam für die konservative Mehrheit im Charlottenburger Magistrat nicht in Frage.
Am 28. Januar 1912, also knapp drei Wochen nach der Verkündung der Kabinettsorder, die den „Berlin“-Vorsatz vor den Ortsnamen genehmigte, hieß es in einer Charlottenburger Zeitung: „Charlottenburg hatte es nicht nötig, von der großen Sonne Berlin einen Strahl auszuborgen, sein Licht leuchtet selbst hell genug.“ [43]
R i x d o r f war nach Charlottenburg damals der zweitgrößte Vorort Berlins mit mehr als 237.000 Einwohnern. [44] Seit dem 1. Mai 1899 bildete Rixdorf, bis dahin eins der größten Dörfer Preußens, einen eigenen Stadtkreis im Kreis Teltow. In den vornehmen Vororten des Westens von Berlin hatte Rixdorf keinen guten Ruf; hier herrschten Armut und Elend sowie lockere Sitten und Raufereien. [45] Es ist deshalb bemerkenswert, dass Bestrebungen, den Namen der Stadt zu ändern, von Rixdorf selbst ausgingen. [46] Diese Bestrebungen begannen bereits im Jahre 1908, aber sie gingen nicht in die von Wilmersdorf initiierte Richtung. Die Lokalpresse und verschiedene Vereine schlugen als neue Namen für Rixdorf „Boddinsfelde“, „Hermannsfelde“ und „Groß-Treptow“ vor, letzteres für den Fall, dass Treptow in Rixdorf eingemeindet werden sollte. [47] Doch die Rixdorfer hielten bis 1910 an dem alten Namen fest.
Inzwischen wurde über den Wilmersdorfer Plan öffentlich diskutiert und auch nachdem mehrere Artikel in der Rixdorfer Lokalpresse sich vehement dafür einsetzten, dass Rixdorf sich den übrigen Gemeinden Groß-Berlins anschließen sollte – es sei „beschämend, wenn Rixdorf in dieser wichtigen Frage den Outsider macht zum Schaden des ganzen Gemeinwesens“ – [48] reagierte der Rixdorfer Magistrat nicht. Erst nachdem der Regierungspräsident in Anbetracht der Tatsache, dass inzwischen die meisten Vororte sich dem Vorgehen Wilmersdorfs angeschlossen hatten, den Rixdorfer Magistrat aufforderte, Stellung zu nehmen, kam Bewegung in die Sache. Am 28. September 1910 schrieb der Rixdorfer Magistrat an den Regierungspräsidenten, dass kein Bedürfnis dafür bestehe, dem Ortsnamen das Wort „Berlin“ voranzustellen, weil der Magistrat „die von der Stadt Wilmersdorf behaupteten wirtschaftlichen Vorteile in keinster Weise anzuerkennen vermag…. Auch würde durch das Wort Berlin im Ortsnamen in unberechtigter Weise zum Ausdruck gebracht, dass die Vorortgemeinden nur als Stadtteile Berlins anzusehen wären, während die Stadt Rixdorf den größten Wert darauf legt, dass sie ihre heutige Gestaltung der eigenen Kraft und Tätigkeit zu verdanken hat und nicht irgendwelcher Unterstützung durch die Stadt Berlin.“ [49]
Anlass für die Namensänderung sei das Erreichen der ersten Viertelmillion in der Einwohnerzahl und die Ausdehnung der städtischen Bebauung. In dem letzterwähnten Umstand läge gleichzeitig die Begründung für die Auswahl des neuen Namens, denn das neu zu erschließende Gebiet – die „Köllnischen Wiesen“ und die „Köllnische Heide“ – mache ungefähr die Hälfte des Stadtgebiets aus und hier liege die zukünftige Entwicklung der Stadt. So habe der Gedanke nahe gelegen, den Namen der alten Schwesterstadt Berlins, Kölln, wieder aufleben zu lassen und sich den Namen „Neukölln“ zuzulegen. Der Magistrat nahm diesbezügliche Verhandlungen mit der Regierung auf und am 18. Januar 1912 beschloss die Stadtverordnetenversammlung mit großer Mehrheit die Annahme des neuen Namens Neukölln. Es wurde als ein besonderer Erfolg gewertet, dass der preußische König bereits acht Tage später, am 27. Januar 1912, die Namensänderung per Kabinettsorder genehmigte. [50] Rixdorf-Neukölln hatte also mit seiner Namensänderung bereits vollendete Tatsachen geschaffen, bevor für die Masse der übrigen Vororte das nominelle Groß-Berlin wirksam wurde.
S p a n d a u bildete bereits vom 1. April 1887 ab einen eigenen Stadtkreis im Kreis Osthavelland und zählte knapp 85.000 Einwohner im Jahre 1910. Die Stadt gehörte nicht zur postalischen Fünf-Pfennig-Zone, wurde deshalb später auch nicht in das nominelle Groß-Berlin einbezogen. Spandau wehrte sich heftig gegen die Mitgliedschaft im Zweckverband Groß-Berlin. Bei der Grundsteinlegung des Spandauer Rathauses am 3. April 1911 hatte der Stadtrat Emil Müller die Worte gesprochen: „Mög schützen uns des Kaisers Hand vor Groß-Berlin und Zweckverband“, [51] die schnell bekannt und quasi zum Motto der zahlreichen Gegner des Zweckverbands wurden. Als das neue Rathaus am 15. September 1913 eingeweiht wurde, war Spandau – als einzige Gemeinde des Kreises Osthavelland – jedoch schon Mitglied des Zweckverbands. Zur Begründung der Einbeziehung Spandaus hieß es später, Spandau nehme zwar eine Sonderstellung ein, weil es nicht als ein Vorort Berlins groß geworden sei, sondern dadurch in Berührung mit Groß-Berlin gekommen sei, dass es sich durch die Eingemeindung von Gutsbezirken (Sternfeld und Haselhorst) bis unmittelbar an Charlottenburger Gebiet ausgedehnt habe. Außerdem stehe Spandau durch den Stadtteil Siemensstadt und über Ruhleben in fast unmittelbarer baulicher Beziehung zu Groß-Berlin. Diese Umstände und die gute Verkehrsverbindung Spandaus zu Berlin hätten auch die Einbeziehung der Stadt in den Zweckverband zur Folge gehabt. Da die industrielle Entwicklung Groß-Berlins sich in nordwestlicher Richtung vollziehen werde, „würde die Herauslassung Spandaus… sich später als ein schwerer Fehler erweisen.“ [52]
Doch zurück zu den Verhandlungen Wilmersdorfs mit den übrigen Vorortgemeinden.
Am 1. Juni 1910 fand im preußischen Ministerium des Innern eine Konferenz zum Thema nominelles Groß-Berlin statt, an der Vertreter der Magistrate von Wilmersdorf, Schöneberg und Lichtenberg teilnahmen. Hier konnte Steinborn berichten, dass bereits 17 Gemeinden die Namensänderung vornehmen wollten; ein definitiver Beschluss wurde aber noch nicht gefasst. [53] Die entsprechenden Entscheidungen der 17 Gemeinden sandte Steinborn mit Schreiben vom 11. Juni 1910 an den Regierungspräsidenten In Potsdam. [54] Im Auftrag und im Namen dieser Gemeinden bat er „nunmehr höheren Orts mit größtmöglicher Beschleunigung erwirken zu wollen, daß diesen Gemeinden gestattet werde, das Wort ,Berlin‘ ihrem Ortsnamen voransetzen zu dürfen.“ Steinborn betonte, es sei dringend erwünscht, ein „nominelles Groß-Berlin, das sich mit dem wirtschaftlichen decke, zu schaffen“. Bezeichnenderweise verwies er auf die Tatsache, dass bereits durch Gesetz vom 1. Juni 1906 selbständige Amtsgerichte geschaffen wurden, die sich Berlin-Schöneberg und Berlin-Tempelhof nannten. Mit diesem Hinweis wollte er sicher darauf aufmerksam machen, dass das nominelle Groß-Berlin in bestimmten Verwaltungs-bereichen wie in der Justiz schon existierte, denn es war klar, dass die beiden Amts-gerichte nicht nur für die Stadt Schöneberg bzw. für die Dorfgemeinde Tempelhof zuständig waren, sondern für den gesamten umliegenden Sprengel, der z.T. bis weit nach Berlin hineinreichte.
Am 20. Juli 1910 schrieb die „Wilmersdorfer Zeitung“: „Unsere Bürgerschaft wird freudigen Stolz darüber empfinden, daß gerade Wilmersdorf als die jüngste Großstadt Preußens es ist, die hier Führer und Bahnbrecher geworden ist, der auch zu weiteren Verständigungen der Gemeinden Groß-Berlins führen muss.“ [55]
Bis zum Jahresende 1910 hatten sämtliche 29 der postalischen Fünf-Pfennig-Zone angehörenden Vorortgemeinden beschlossen, sich dem Vorgehen Wilmersdorfs anzuschließen. [56] Es waren im wesentlichen die gleichen Argumente, die Wilmersdorf angeführt hatte:
- 14 Vororte fanden ihren Ortsnamen auf der Karte Deutschlands mehrmals wieder und diese Namensgleichheit würde seit langer Zeit immer wieder zu Problemen und Verwechslungen führen. Neben dem bereits oben angeführten Wilmersdorf zum Beispiel:
Friedrichsfelde: 31 mal im Deutschen Reich und zusätzlich 10 mal Friedrichsfeld,
Schöneberg: 12 mal in Preußen,
Heinersdorf: 15 mal im Deutschen Reich,
Lichtenberg: 15 mal in Preußen und 32 mal im ganzen Deutschen Reich,
Rosenthal: 6 mal in Preußen,
Britz, Rummelsburg und Treptow: je 2 mal in Preußen. - Der betreffende Vororte bildeten mit den übrigen Vororten und der Stadt Berlin eine wirtschaftliche und soziale Einheit. Die Zugehörigkeit zu Groß-Berlin würde so am besten und schon rein äußerlich zum Ausdruck gebracht.
- Großkaufleute, Industrielle, Juristen usw. würden Wert darauf legen, in Groß-Berlin ihren Sitz zu haben und nicht in einem unscheinbaren Ort in der Nähe Berlins. Der Magistrat in Lichtenberg befragte dort ansässige größere Firmen mit dem Ergebnis, dass sich nur eine Firma gegen die Voransetzung des Wortes „Berlin“ vor den Ortsnamen aussprach. [57]
- Wenn erst allgemein bekannt sei, dass der Vorort im unmittelbaren Zusammenhang mit Berlin stehe und nicht irgendwo bei Berlin liege, sei mit gesteigertem Verkehr und mit größerem Zuzug zu rechnen.
Ob es nennenswerten Widerspruch gegen die Beschlüsse der Gemeindevertretungen in den Vororten gegeben hat, ist nicht bekannt; gefunden wurde nur ein Vorgang über das bemerkenswerte Verhalten der südwestlich von Berlin gelegenen Vorortgemeinde Steglitz, die damals mit knapp 63.000 Einwohnern zu den größten Dörfern in Preußen gehörte. [58] Nachdem sich die Mehrheit der Gemeindevertreter im Januar 1910 zunächst gegen das nominelle Groß-Berlin entschied, bedurfte es der energischen Fürsprache des Bürgermeisters, der erst darauf verweisen musste, dass Steglitz wirtschaftliche Nachteile und einen Ansehensverlust zu beklagen hätte, wenn es sich nicht dem Vorgehen der übrigen Vororte anschließen würde, um schließlich am 1. August 1910 einen Mehrheitsbeschluss der Gemeindevertreter melden zu können derart, dass der Ortsname von Steglitz in Berlin-Steglitz geändert werden sollte. [59]
Inzwischen wurde nicht nur in den beteiligten Gemeinden, sondern auch in der Berliner Presse über das nominelle Groß-Berlin diskutiert, aber die Stadt Berlin erfuhr anscheinend erst aus der „Vossischen Zeitung“ vom 27. Juli 1910 – jedenfalls geht das so aus einer Akteneinheit des Generalbüros des Berliner Magistrats hervor – , dass die Anträge der Vorortgemeinden dem Minister des Innern zur Entscheidung vorlagen. Drei Tage später bat der Magistrat den Minister, „die fraglichen Anträge und ihre Gründe kennen zu lernen“, damit er seine „Namensrechte geltend machen könne.“ [60] Hierauf antwortete am 26. August 1910 nicht der Minister des Innern, sondern der Oberpräsident. [61] Er übersandte die Anträge von inzwischen 22 Vorortgemeinden und forderte die städtischen Behörden Berlins auf, ein G u t a c h t e n zu den Anträgen zu erstellen. Daraufhin ernannte Oberbürgermeister Kirschner [62], in dessen Amtszeit das Groß-Berlin-Problem zunehmend in den Mittelpunkt rückte, am 30. September 1910 seinen Stadtkämmerer Steiniger [63] zum Dezernenten in Sachen nominelles Groß-Berlin, was als Anzeichen dafür gelten darf, dass Kirschner die Angelegenheit für wichtig genug hielt.
Das Gutachten des Berliner Magistrats
Der Berliner Magistrat ließ sich viel Zeit für das Gutachten. Nachdem der Oberpräsident am 2. November 1910 an die Fertigstellung erinnert hatte, bat der Magistrat um Gewährung einer „geräumigen Frist“, weil es für Berlin „sehr bedeutsame, auch auf wirtschaftlichem Gebiet liegende Konsequenzen“ haben würde, wenn es den Vorortgemeinden gestattet werde, ihren Ortsnamen „Berlin“ voranzusetzen. Deshalb sei „eine sorgfältige Prüfung und Erörterung vor einer Stellungnahme unerlässlich.“ [64] Erst am 5. April 1911 war das Gutachten im Entwurf fertiggestellt [65] und es wurde unverzüglich der Stadtverordnetenversammlung zur Stellungnahme vorgelegt. [66]
Das Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass die erbetene Genehmigung, den Vororten das Wort „Berlin“ ihren Ortsnamen voranzusetzen, „nicht förderlich für die Interessen der Stadt Berlin“ sei und bat den Oberpräsidenten dementsprechend, die gestellten Anträge a b z u l e h n e n. Im Folgenden werden die wesentlichsten Passagen aus dem Gutachten zitiert:
„Unser Streben ist fortdauernd darauf gerichtet, eine möglichst enge Vereinigung [67] der Vororte mit Berlin herbeizuführen und bei den in Frage kommenden Gemeinden ein möglichst lebhaftes Interesse für eine solche Vereinigung zu fördern. Diese Bestrebungen werden aber erschwert werden, wenn es den Vorortgemeinden auch ohne eine solche Vereinigung möglich gemacht würde, ihrem Ortsnamen das Wort Berlin voranzusetzen….
Unseres Erachtens kann bei der Verbindung eines Ortsnamens mit dem Wort Berlin, unter Voranstellung des letzteren, nur die Auffassung gelten, dass der nachbenannte Ort als ein Teil der Stadt Berlin anzusehen ist, wie das beispielsweise in der Bezeichnung Berlin-Moabit, Berlin-Wedding oder Berlin-Gesundbrunnen zum Ausdruck kommt; die Verbindung des Namens Berlin mit den Namen der selbständigen Vororte würde daher einen Widerspruch darstellen und sachlich unwahr sein. Durch das Wort Berlin im Ortsnamen würden in Wahrheit der gegenwärtige Zustand kommunaler Zersplitterung und alle daraus folgenden Nachteile bestehen bleiben. Diesen Zustand und seine tief bedauerlichen Folgen durch eine rein äußerliche Namensform zu verdecken, kann für uns kein Anlass bestehen….
Der Umstand, dass die Straßenbenennungen in den Vororten vielfach mit denen von Berlin übereinstimmen, führt schon jetzt zu Verkehrserschwerungen, Verwechslungen und Störungen und diese würden noch vermehrt werden, wenn in solchen Fällen dem Ortsnamen der Vorortgemeinde noch der Name Berlin vorangestellt würde….
Die Neubenennung wird unter Behauptung des wirtschaftlichen Zusammenhangs von Orten geltend gemacht, bei denen selbst der örtliche Zusammenhang nicht einmal vorhanden ist: Wir nennen u. a. Tegel, Lankwitz, Groß-Lichterfelde. …
Die Nachbarschaft der Gemeinden zu Berlin würde durch die Bezeichnung „… b e i Berlin“ allein genügend klar und unzweideutig zum Ausdruck kommen…
Unsere Stellungnahme hätte eine wesentlich andere sein können, wenn der in Rede stehende Antrag sich uns als Zeugnis der einheitlichen Überzeugung dargestellt hätte, daß die kommunale Vereinigung der unter dem Namen Groß-Berlin zusammengefassten Gemeinden ein von allen Seiten gemeinsam anzustrebendes Ziel sei. Eine solche Auffassung würde von uns gern gefördert worden sein, auch unter Hintansetzung wirtschaftlicher Bedenken. Zu solcher Auffassung bietet indessen der vorliegende Antrag keinerlei Raum, vielmehr muss danach angenommen werden, dass die Beteiligten dem Gedanken einer Eingemeindung als ein erstrebenswertes Ziel und sogar als eine Möglichkeit von sich weisen. Wohl nur in diesem Sinne ist es zu verstehen, dass die beiden größten beteiligten Gemeinden Charlottenburg und Rixdorf sich ausgeschlossen haben….
Mit den Interessen des Magistrats wäre nur verträglich und annehmbar, daß mit der nominellen Vereinigung die sachliche eingeleitet werden solle…
Viele in den Vororten bestehende Unternehmungen unterhalten, um den erwünschten Ruf als Berliner Firma zu wahren, auch noch in Berlin eine Geschäftsstelle. Der Grund in dieser Einrichtung dürfte zum Nachteile Berlins fortfallen, wenn den Vorortgemeinden, in denen sich solche Unternehmen befinden, gestattet würde, sich als Berlin zu bezeichnen….
Wir erachten uns für verpflichtet, ausdrücklich die Wahrung des Rechtsstandpunktes in der Frage der Namensübertragung uns vorzubehalten.“
Das Gutachten ist von 4 Magistratsmitgliedern und Oberbürgermeister Kirschner unterschrieben. Letzterer vermerkte ausdrücklich neben seiner Unterschrift: „gegen meine Auffassung“, er war also überstimmt worden und plädierte für die Annahme der Anträge der Vororte. Kirschner hatte sich seit Jahren für die Lösung des Groß-Berlin-Problems eingesetzt und bereits im Jahre 1906 eine viel beachtete Denkschrift verfasst [68], in der er damals schon die Auffassung vertrat, dass die „tatsächlich bereits vorhandene Einheit Groß-Berlins auch ihre rechtliche Gestaltung als Stadtgemeinde Groß-Berlin erhalten“ solle. Kirschner versuchte anhand einer Fülle von Tatsachen den Nachweis der Notwendigkeit einer Verschmelzung Berlins mit seinen Vororten zu erbringen.
Die gegenteilige Stellungnahme der Berliner Stadtverordnetenversammlung
Die Berliner Stadtverordnetenversammlung befasste sich mit dem Gutachten in einer außerordentlichen Sitzung am 12. April 1911, [69] in deren Ergebnis sie das Gutachten einstimmig ablehnte! Hier die wichtigsten Argumente bzw. Gegenargumente aus der Diskussion:
- An sich sei die Sache nicht von der Tragweite, wie sie es nach der Vorlage scheine. Es komme aber in dem Wunsch der Vororte der Gedanke zum Ausdruck, dass sie sich als Einheit des größeren wirtschaftlichen Ganzen Groß-Berlin fühlen und dieser Gedanke sei an sich berechtigt. Gefragt werden müsse aber nun, welche praktischen Nachteile etwa daraus für Berlin entstehen könnten.
- Die Verwechslungsmöglichkeit von Straßennamen liege zwar vor und führe zu Missständen, sie würde sich aber durch die Voransetzung des Wortes Berlin nicht erhöhen, denn ob es heißt „Wilmersdorf bei Berlin“ oder „Berlin-Wilmersdorf“ – wenn derselbe Straßenname in beiden Orten vorkomme, sei die Verwechslungsmöglichkeit immer gegeben. Vielmehr müsse geprüft werden, ob diese Sachlage nicht durch Vereinbarung geändert werden könne.
- Auch die Befürchtung des Magistrats, dass Firmen ihren Sitz in Berlin aufgeben könnten, wenn sie künftig die Möglichkeit erhalten würden, sich nach dem Vorort und dem vorangesetzten Namen Berlin zu bezeichnen, wurde von der Mehrheit der Stadtverordneten für „sehr theoretisch“ und unzutreffend gehalten.
- Wenn schon die Gründe für die Ablehnung des Magistratsgutachtens „recht untergeordneter Natur“ seien, so bestünde aber auch „die Befürchtung, dass der häufig gegen Berlin, und zwar zu Unrecht, erhobene Vorwurf, es trage eine gewisse Kleinlichkeit und Animosität den Vororten gegenüber zur Schau, durch eine solche Maßnahme eine scheinbare Unterstützung erhielte.“ Das müsse vermieden werden. Es wäre ein Entgegenkommen den Vororten gegenüber, wenn ihnen gestattet werde, „den Zusatz Berlin, der doch einen erheblichen Wert durch seinen Klang in der Welt hat, zu führen.“
- Der in der Diskussion geäußerte Standpunkt, man solle den Namenszusatz „Berlin“ als eine Vergünstigung nur denjenigen Vorortgemeinden zugestehen, die später in den im Entstehen befindlichen Zweckverband Groß-Berlin eintreten würden, wurde mit dem Argument entkräftet, dass die Sache mit dem Zweckverband nichts zu tun habe, denn die Orte, die sich zum Zweckverband zusammenschließen sollten, würden schon feststehen und darunter seien viele Orte, die gar nicht daran denken würden, sich nach Berlin zu benennen.
Die Berliner Stadtverordneten stimmten also im Gegensatz zum Berliner Magistrat den Anträgen der Vorortgemeinden zu.
Meinungsäußerungen in der Berliner Presse
Die renommierte Vossische Zeitung [70] meinte, die Voransetzung des Wortes „Berlin“ vor die Namen der Vororte bedeute „äußerlich sicher den ersten Schritt dieser Gemeinden zur Verschmelzung mit Groß-Berlin“, zu dem sie sich zugehörig fühlen und der „Berlin-Vorsatz“ sei zur Unterscheidung von anderen Orten gleichen Namens gewählt worden. – Der Einwand des Magistrats, dass Vorortfirmen, die auch in Berlin zu Hause seien, ihr Domizil aus Berlin in die Vororte verlegen könnten, sei „nicht stichhaltig, denn immer wird Berlin, genau wie London, die Zentrale für den geschäftlichen Verkehr bilden. Es wird keiner Großfirma einfallen, ihr Berliner Haus aufzugeben. Die wirtschaftliche Einheit Groß-Berlins hat es mit sich gebracht, dass Groß-Berliner Firmen längst große Filialen in den Vororten errichteten, gegen die kein einziger Vorort protestiert hat. Es erscheint mehr als
K i r c h t u r m s p o l i t i k [71], wenn Berlin solche Einwände erhebt.“
- Auch der konservative Berliner Börsen-Courier [72] wertete das im ablehnenden Gutachten des Berliner Magistrats zu Tage tretende Verhalten als „Kirchturmspolitik“. Die Zeitung verwies weiter darauf, dass die Bezeichnungen „Berlin-Schöneberg“, „Berlin-Wilmersdorf, „Berlin-Lichtenberg“ usw. „bei der Bevölkerung längst Brauch“ seien.
- Die liberale Zeitung Der Tag [73] kommentierte, in der kurzen aber sehr bemerkenswerten Debatte habe sich der Berliner Magistrat „eine recht unangenehme Abfuhr gefallen lassen müssen. Er hatte diese wohl auch vorausgesehen, denn am Magistratstisch wurde es plötzlich leer, als der Vorsteher der Stadtverordnetenversammlung die entsprechende Vorlage zur Diskussion stellte“. Der Magistratsantrag wurde „unter allgemeiner Heiterkeit“ abgelehnt.
- Die Tägliche Rundschau [74] meinte, nach der Ablehnung des Magistratsantrags und der erfreulichen Übereinstimmung in der Stadtverordnetenversammlung werde auch für den Oberpräsidenten kein Grund mehr vorliegen, den Vorortgemeinden die Beifügung der Bezeichnung „Berlin“ zu ihren Ortsnamen zu versagen.
- Die Berliner Morgenpost [75] schätzte ein, der Magistrat habe „in eigentümlicher Kurzsichtigkeit die Wünsche der Vorortgemeinden mit einer völlig unzureichenden Begründung abgelehnt“. Die Stadtverordnetenversammlung habe sich „ doch weitsichtiger gezeigt.“
- Die Germania [76] kommentierte das Ergebnis der Debatte vom 12. April 1911 nur mit folgendem Gedicht:
Groß-Berlin
Berlin will immer größer werden,
Das ist nun einmal so auf Erden.
Es frisst die Kleinen rings herum,
Det freut das Vorstadtpublikum.
Warum auch nicht, es ist doch schön,
So quasi als Berlin zu gehn,
Ja als Berliner jetzt zu gelten,
Als Groß-Berliner Großstadthelden.
doch, sachte nur, mein lieber Freund,
So war die Sache nicht gemeint.
Ihr zählt wohl mit bei den Millionen,
Doch sollt ihr auch in Zukunft wohnen
In Treptow. Schöneberg und so,
Berlin das liegt ganz anderswo.
Ihr bleibt, ich fühle Eure Qual –
Ganz einfach Zahlenmaterial.
- Das Lichtenberger Tageblatt [77] wertet unter der Überschrift „Der Berliner Magistrat gegen die Vororte“ dessen Verhalten als „unglaublich kleinlich und kurzsichtig“. Das Blatt gibt dann dem geistigen Vater des Gedankens, Stadtrat Steinborn aus Wilmersdorf, Gelegenheit zu einer ausführlichen Stellungnahme. Dieser weist zunächst darauf hin, dass verschiedene Magistratsmitglieder, von denen anzunehmen war, dass sie für das nominelle Groß-Berlin seien, in der betreffenden Magistratssitzung, gefehlt hätten, jedoch sei die Öffentlichkeit nicht geneigt, anzunehmen, dass der durchaus vernünftige Gedanke nun begraben sei. Die Berliner Beschlüsse in dieser Frage seien nur gutachterliche Äußerungen, um die der Minister gebeten habe. Der rollende Stein könne nicht zur Ruhe kommen, denn die Verhältnisse drängten zur Lösung. Die Frage, ob es ein Recht auf Städtenamen gäbe, sei im vorliegenden Falle nebensächlich. Wäre es der Fall, so hätte Berlin auch nur dann einen Rechtsanspruch, wenn die Vororte sich alle gleich ihm „Berlin“ nennen wollten. Davon könne aber keine Rede sein, denn in der vorgeschlagenen neuen politischen Bezeichnung komme das Wort „Berlin“ nur in Verbindung mit einem anderen Ortsnamen vor. Steinborn schließt seine Stellungnahme pathetisch:
„Was wäre natürlicher, als daß die Vororte, ehe sie nach neuen Namen suchen, sich auf ihre Nährmutter besinnen und dieser, indem sie zugleich die anderen Vororte an ihre Kindespflichten erinnerten, gäben, was ihnen zukommt: Des Kindes Dank durch Aufnahme des Namens zugleich zur Mehrung der Größe und des Ansehens der Mutter Berlin.“(!)
Das nominelle Groß-Berlin wird geschaffen
Es ist anzunehmen, dass im Berliner Rathaus noch lange an dem Text des Gutachtens gefeilt wurde, jedenfalls datiert dessen Reinschrift als Antwort an den Oberpräsidenten erst vom 18. Mai 1911. [78] Weiter verzögert wurde die Angelegenheit schließlich durch mehrere Umstände: Die preußische Regierung musste intensiv an der Vorbereitung des Gesetzes über den Zweckverband Groß-Berlin arbeiten: Hierzu gab es endlose Auseinandersetzungen in beiden Häusern des Landtages, so dass mehrere Entwürfe notwendig wurden und sehr viele Änderungswünsche zum Gesetzestext berücksichtigt werden mussten. Dazu kam, dass ressortgemäß andere Behörden sowohl auf Reichsebene (Reichspostamt, Reichsjustizamt) als auch auf Landesebene (Kultusministerium, Kriegsministerium, Ministerium für öffentliche Arbeiten) mit ihren Stellungnahmen zum Problem gehört werden mussten. [79]
In der Zwischenzeit blieb der Wilmersdorfer Magistrat weiter aktiv, indem er weitere Gremien für sein Anliegen interessierte, wie z.B. die Berliner Handelskammer und den Bund Berliner Kaufleute und Industrieller, die ihrerseits die Genehmigung der von den Vororten gestellten Anträge beim Minister des Innern befürworteten. [80]
Die Wilmersdorfer Zeitung kommentierte, das nominelle Groß-Berlin sei nach der Annahme des Zweckverbandsgesetzes am 19. Juli 1911 „eine notwendige Konsequenz“ und nach Ablauf der Ferien sei mit Sicherheit anzunehmen, dass der Minister sofort die generell für solche Namensänderungen notwendige Genehmigung des preußischen Königs einholen würde, so dass das nominelle Groß-Berlin zum 1. Oktober 1911 wirksam werden könne. [81] Es tat sich aber bis zum Jahresende 1911 nichts, obwohl der Wilmersdorfer Magistrat den Minister des Innern in der zweiten Jahreshälfte 1911 wiederholt um Beschleunigung der Angelegenheit gebeten hatte.
Erst am 8. Januar 1912 unterschrieb der preußische König – wie in der Einleitung bereits ausgeführt – die entscheidende Kabinettsorder. [82], durch die das nominelle Groß-Berlin geschaffen wurde. Der Text ist denkbar kurz: In 5 Spalten
I Laufende Nummer 1 – 29
II jetziger Name des Ortes
III Kommunale Eigenschaft des Ortes (Stadt-, Landgemeinde, Gutsbezirk)
IV Name des Kreises, in dem der Ort liegt (eigener Stadtkreis, Kreis Teltow bzw. Niederbarnim) und
V Bezeichnung des neuen Ortsnamens
werden ohne Begründung oder Erläuterung nur die alten Ortsnamen den – jeweils mit dem Wort „Berlin-“ vorangestellten – neuen Ortsbezeichnungen einander gegenübergestellt. Die Kabinettsorder schließt mit dem Satz: „Die Namensänderungen treten mit dem 1. April 1912 in Kraft“.
In der hier vor allem interessierenden Spalte V werden unter Nr. 1 – 3 zunächst die drei drei Sztadtkreise Berlin-Wilmersdorf, Berlin-Schöneberg und Berlin-Lichtenberg genannt. Es folgen als Nr. 4 – 16 die 13 Landgemeinden des Kreises Niederbarnim: Berlin-Rummelsburg, Berlin-Friedrichsfelde, Berlin-Heinersdorf, Berlin-Oberschönweise, Berlin-Hohenschönhausen, Berlin-Niederschöneweide, Berlin-Pankow, Berlin-Reinickendorf, Berlin-Rosenthal, Berlin-Stralau, Berlin-Tegel, Berlin-Weißensee, Berlin-Wittenau. Als Nr. 17-28 werden die 12 Landgemeinden des Kreises Teltow angeführt: Berlin-Britz, Berlin-Friedenau, Berlin-Grunewald, Berlin-Lankwitz, Berlin-Lichterfelde [83] , Berlin-Mariendorf, Berlin-Schmargendorf, Berlin-Steglitz, Berlin-Tempelhof, Berlin-Treptow, Berlin-Niederschöneweide, Berlin-Marienfelde. Als letzter wird unter Nr. 29 der einzige Gutsbezirk Berlin-Dahlem genannt.
In dieser Aufstellung ist die Gemeinde Johannisthal nicht enthalten: Sie erhielt erst mit Wirkung vom 21. Oktober 1913 durch eine gesonderte Kabinettsorder des preußischen Königs den Namen Berlin-Johannisthal. [84]
Ebenfalls am 1. April 1912 trat der Zweckverband Groß-Berlin ins Leben. So war es naheliegend, dass diese Übereinstimmung auch in der Öffentlichkeit zusammenhängend gewürdigt wurde. Konservative Zeitungen [85] kommentierten unter der Überschrift „Berlin am Wendepunkt“, der 1. April werde in der Chronik Groß-Berlins eine hervorragende Rolle einnehmen. Der Zweckverband habe auf politischem Gebiet nichts zu tun, hier setze das nominelle Groß-Berlin ein, dessen Wert zwar zunächst auf ideellem Gebiet liege, doch es sei zu hoffen, dieser werde sich „doch sehr bald in wirtschaftlicher Beziehung äußern.“
Die „Tägliche Rundschau“ meinte, die Verwirklichung des nominellen Groß-Berlin sei „glückverheißend und ein gutes Vorzeichen… Das sieht manchem vielleicht bedeutungslos aus, ist aber doch auf dem Wege zum wirklichen Groß-Berlin ein wichtiger Schritt, für den man der Stadt Wilmersdorf als Anregerin und Verfechterin dankbar sein muß.“ [86] Nach Einschätzung des „Berliner Tageblatts“ [87] sei das nominelle Groß-Berlin geschaffen worden, „um unter Aufrechterhaltung der Selbständigkeit der einzelnen Gemeinden ideell ihre Grenzen immer mehr zu verwischen, Kirchturmspolitik zu verhindern und den Vorortbewohner Berlins zum Groß-Berliner zu erziehen, der das heutige Groß-Berlin als einen einheitlichen Organismus anzusehen sich gewöhnen muss.“
Das SPD-Organ „Vorwärts“ hatte sich offensichtlich nicht genügend mit dem nominellen Groß-Berlin beschäftigt, denn das Blatt kommentierte überschwänglich aber doch fälschlicherweise, „Groß-Berlin“ werde mit dem 1. April 1912 zur Wirklichkeit! Charlottenburg und Neukölln, die sich bekanntlich ausgeschlossen hatten, würden jetzt Enklaven im nominellen Groß-Berlin bilden. Das Blatt meinte abschließend, „In der Praxis kann und wird man freilich auch diesen Eigenbrötlern ruhig das Wort Berlin vorsetzen. [88]
In allen Gemeinden des Kreises Teltow [89], die sich dem nominellen Groß-Berlin angeschlossen hatten, wurde nach einem Beschluss des Kreisausschusses jedem erstgemeldeten Neugeborenen am 1. April 1920 ein Sparkassenbuch über 100 Mark in die Wiege gelegt. [90] In Berlin-Wilmersdorf war der Magistrat noch großzügiger: Hier erhielten die ersten beiden am 1. April erstgeborenen Kinder – Jungen und Mädchen – je ein Sparkassenbuch mit 100 Mark. [91]
Mit dem Inkrafttreten des Groß-Berlin-Gesetzes [92] am 1. Oktober 1920, als Groß-Berlin aus acht Städten, 29 Landgemeinden und 27 Gutsbezirken gebildet wurde, entstand aus dem nominellen das reale Groß-Berlin. Allerdings hieß die Stadt bis nicht Groß-Berlin, sondern Berlin. Schon bei den Beratungen der Gesetzentwürfe zum Groß-Berlin-Gesetz hatten die Vertreter der Stadt darauf gedrängt, das „Groß“ wegfallen zu lassen, weil ihnen dies zu „großmannssüchtig“ erschien. [93] Groß-Berlin nannte sich die Stadt erst wieder nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges unter der Hoheit der Alliierten: Durch die von der Alliierten Kommandantur erlassene Verordnung über die „Vorläufige Verfassung von Groß-Berlin“ vom 13. August 1946 wurde Groß-Berlin die amtliche Bezeichnung für Berlin.
Fazit
Es war der Stadt Wilmersdorf und ihrem Stadtrat Max Steinborn gelungen, die Groß-Berliner Gemeinden im nominellen Groß-Berlin unter einen Hut zu bringen, aber was war damit gewonnen? „Die Stadtregion Berlin war bereits um 1910 als Groß-Berlin zu einer physisch-funktionalen Realität geworden, bevor sie 1920 zu einer politisch-administrativen Realität wurde.“ [94] Die „physisch-funktionale Realität“ trat ab 1912 äußerlich in Erscheinung durch das nominelle Groß-Berlin. Doch wie sah diese Realität aus? Mehr als drei Fünftel oder fast zwei Drittel der Bevölkerung Groß-Berlins – die beiden größten Vororte Charlottenburg und Rixdorf/Neukölln mit zusammen mehr als einer halben Million Einwohnern – gehörten nicht zum nominellen Groß-Berlin, so dass dieses im Ergebnis nur als ein Torso bezeichnet werden kann.
Eine Neuordnung der kommunalen Verhältnisse Groß-Berlins war zwar dringend notwendig geworden, jedoch konnte sich die preußische Staatsregierung damals nicht mit dem Berliner Magistrat über die Eingemeindung von Vororten einigen. Auch die Vorortgemeinden selbst fanden keine brauchbare Form für eine fruchtbare Zusammenarbeit bei der Lösung gemeinsamer Probleme, denn sowohl im Zweckverband als auch außerhalb waren die Vororte im Prinzip nur auf ihre eigenen Vorteile bedacht. Sie wollten sich mit „Berlin-“ vor ihrer Ortsbezeichnung quasi nur „schmücken“, aber ihre kommunale Selbständigkeit nicht aufgeben.
Vor allem die Liberalen beriefen sich darauf, dass die Grenzen der Kernstadt mit ihren angrenzenden Vororten schon damals nicht mehr erkennbar waren und schlussfolgerten: „Der Schöneberger ist so gut Berliner wie irgend jemand, der im Herzen Berlins wohnt,“ [95] Max Steinborn vertrat die radikale Auffassung, es sei streng genommen überhaupt falsch von „Vororten“ zu sprechen, die „nichts weiter seien als Berlin.“ [96] Es musste Steinborn jedoch klar sein, dass dies noch nicht mal für angrenzende große Vororte, geschweige denn für alle Vororte galt: Wie oben ausgeführt, legten vor allem die Charlottenburger und Rixdorfer keinen Wert darauf, Berliner zu werden. Sicher gab es in den meisten Vororten ebenfalls sowohl Befürworter als auch Gegner des nominellen Groß-Berlin in der Bevölkerung, aber diese herauszufinden muss gesonderten Untersuchungen vorbehalten bleiben.
Die Äußerung eines Wilmersdorfer Stadtrats: „Wir behalten und wahren unsere Selbständigkeit, erkennen und bekennen aber gleichzeitig, dass wir ein Glied Groß-Berlins sind“ [97], darf als symptomatisch für die Meinung der meisten Vorortverwaltungen gelten. Sie offenbart, dass das hiermit zum Ausdruck gebrachte Bekenntnis zum nominellen Groß-Berlin im Grunde nur ein Lippenbekenntnis war. Wenn in demselben Zusammenhang die Hoffnung zum Ausdruck gebracht wurde, dass es in absehbarer Zeit zu einem organischen Zusammenschluss des Wirtschaftskomplexes Groß-Berlin kommen werde, so war man offensichtlich nicht bereit, dafür auch selbst aktiv zu werden. Im Gegenteil: Es konnte nicht im Sinne eines organischen Zusammenschlusses sein, dass sich Vorortgemeinden wie zum Beispiel Steglitz, Pankow, Lichterfelde, Tempelhof und andere intensiv darum bemühten, Stadtrechte zu erlangen. [98] Solche Bestrebungen konnten letzten Endes wohl kaum zu einer befriedigenden Lösung des Groß-Berlin-Problems führen, auch wenn sie – aus der Sicht der Gemeinden – folgerichtig und verständlich waren.
Denkt man den bildlichen Vergleich, Berlin sei die Nährmutter und die Vororte deren Kinder [99], die auf Kosten Berlins groß und reich geworden waren, konsequent weiter, so würde daraus normalerweise folgen, dass die Kinder, sobald sie erwachsen sind, das Haus der Mutter verlassen, ihre eigenen Wege gehen und das hätte in diesem Sinne die kommunale Zersplitterung im Groß-Berliner Raum – diese Prognose darf gewagt werden – wohl kaum beendet, sondern eher noch verschlimmert.
Einerseits waren vor allem die von kaisertreuen Verwaltungen dominierten südwestlichen Vorortgemeinden nicht bereit, ihre kommunale Eigenständigkeit an das liberale Berlin abzugeben und andererseits wollte die Stadt Berlin – wenn überhaupt – dann nur diese reichen Vororte eingemeinden. Unter diesen Voraussetzungen konnte aus dem nominellen Groß-Berlin kein reales Groß-Berlin entstehen. Insofern blieben tatsächlich – wie es im Gutachten des Magistrats hieß – die kommunale Zersplitterung im Groß-Berliner Raum und alle daraus folgenden Nachteile durch das Wort „Berlin-“ im Ortsnamen bestehen, sie wurden nur verdeckt.
Wenn es nun ab 1912 nominell keinen Unterschied mehr zwischen den tatsächlich existierenden „echten“ Berliner Stadtteilen wie Berlin-Gesundbrunnen, Berlin-Moabit oder Berlin-Wedding und den – von jenem Zeitpunkt ab in den „Genuss“ des „Berlin“-Vorsatzes vor ihren Ortsnamen gelangten – Vororten gab, so hat offensichtlich die preußische Staatsregierung keine Bedenken dagegen gehabt. [100] Mangels Quellen kann nur vermutet werden, dass der Berliner Magistrat brüskiert werden sollte, indem sich die preußische Staatsregierung den Anträgen der 29 Vorortgemeinden anschloss und das ablehnende Gutachten des Magistrats ignorierte; aber ein sachliches Argument für diese Entscheidung ist nicht bekannt. Bekannt sind viele andere Konflikte zwischen den Organen der preußischen Staatsregierung und dem Berliner Magistrat: Beide lagen eigentlich ständig im Streit, und dabei ging es oft um viel mehr als um einen Namenszusatz, aber die Auseinandersetzungen um das nominelle Groß-Berlin führten letzten Endes dazu, dass das Groß-Berlin-Problem von allen möglichen Seiten aus gewissermaßen aufgerollt wurde.
Das nominelle Groß-Berlin war zwar als „erster Schritt zur Verschmelzung mit Groß-Berlin“[101] gedacht, aber über die notwendigerweise folgenden Schritte gab es offensichtlich damals noch keine Vorstellungen. Später war es vor allem der zwar bereits im Jahre 1912 gegründete „Bürgerbund Groß-Berlin“, der sich für einen losen Zusammenschluss der Vorortgemeinden mit Berlin auf föderativer Grundlage im Sinne einer Gesamtgemeinde einsetzte, aber zu Beginn seiner Tätigkeit, die im vorliegenden Zusammenhang nur interessiert, profilierte er sich mehr als „Kampforganisation gegen die Forderungen der Proletariergemeinden“ des Ostens und Nordostens von Groß-Berlin. [102] Die kontrovers geführte öffentliche Diskussion um Groß-Berlin als Einheits- oder als Gesamtgemeinde fand im wesentlichen erst während des Ersten Weltkrieges, also außerhalb des hier behandelten Zeitraums, statt.
Erst mit der Novemberrevolution 1918 wurden die Gegensätze zwischen der konservativen preußischen Staatsverwaltung und dem liberalen Berliner Magistrat beseitigt und die Voraussetzungen für eine grundlegende Verwaltungsreform im Groß-Berliner Raum geschaffen. Der Alterspräsident auf der ersten Sitzung der neugewählten Berliner Stadtverordnetenversammlung am 15. Juli 1920 begrüßte das Entstehen des realen Groß-Berlin mit folgenden Worten: „Endlich ist es erreicht: Der sehnlichste Wunsch der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung des Wirtschaftsgebiets von Groß-Berlin ist in Erfüllung gegangen, die Einheitsgemeinde ist Tatsache geworden! Mit der Hinwegfegung des Wilhelminischen Regiments war die Bahn frei geworden.“ [103]
Referenzen
[1] Hierauf wird am Schluss dieses Aufsatzes näher eingegangen.
[2] Clemens Zimmermann, Suburbanisierung – Die wachsende Peripherie, in: Villa und Eigenheim, Stuttgart / München 2001, S. 50-63, hier S. 51.
[3] Die Entstehung der Verfassung und Verwaltung von Berlin. Eine Dokumentation, hrsg. Von Hans-J. Reichhardt, Berlin und New York 1990, Band 1, S. 19, Anm. 37.
[4] Wie ist die Schaffung von Groß-Berlin durchführbar? Vortrag, gehalten im Architekten-Verein zu Berlin am 18. Dezember 1906 von Theodor Köhn, Staatsbaurat a.D., Berlin 1907, S. 3; Berlin. Zehn Kapitel seiner Geschichte, hrsg. von Richard Dietrich, 2. Aufl., Berlin und New York 1981, S. 246.
[5] Sicher würden noch andere Zahlen gefunden werden, aber hier soll es nicht um eine lückenlose Aufzählung aller Gemeinwesen gehen, sondern es dürften nur die stark von einander abweichenden Zahlen relevant sein. In diesem Sinne wurden Gutsbezirke außer Acht gelassen.
[6] Herbert Schwenk, Es hing am seidenen Faden. Berlin wird Groß-Berlin, in: Berlinische Monatsschrift, Heft 6/2000, Sonderheft zum Zeitraum 1919-1933, S. 4-15, hier S. 12.
[7] Hier: Gross-Berliner Statistische Monatsberichte, hrsg. vom Statistischen Amt der Stadt Berlin , erschienen seit 1910. hier: 3. Jg. 1912, Heft 1 / 2, S. 10. Diese Statistik brachte unter anderem genaue Nachweise über die Entwicklung der Einwohnerzahlen aller oben gekennzeichneten 64 Vororte.
[8] Die Denkschrift trug den bezeichnenden Titel „Die Zersplitterung des Wirtschaftsgebietes von Groß-Berlin“ , Berlin 1910.
[9] Wilmersdorfer Zeitung. Unabhängige Tageszeitung für den Westen Groß-Berlins, 10. Jg., vom 10. Dezember 1910.
[10] 1880 = 1.122.330, 1910 = 2.071.257 Einwohner. Vgl.Berlin und die Provinz Brandenburg im 19. und 20. Jahrhundert, hrsg. von Hans Herzfeld, Berlin 1968, S. 83.
[11] Sigmund Schott, Die großstädtischen Agglomerationen des Deutschen Reiches 1871-1910, Breslau 1912, S. 89 ff. Die letzten erwähnenswerten Eingemeindungen vor der Bildung Groß-Berlins umfassten das Gelände des Zentralviehhofs im Jahre 1878, den Tiergarten 1881 und das Gebiet um den Plötzensee und die Rehberge 1915, siehe Berliner Kommunalpolitisches Lexikon, Berlin 2012, S. 16.
[12] Zum Folgenden vgl. Harald Engler, Äußere Grenzen und innere Gliederung Berlins im 19. Jahrhunderts, in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität zu Berlin, Reihe Geistes- und Sozialwissenschaften 40 (1991), Heft 10, S. 7-16, hier S. 11.
[13] Christian Engeli, Landesplanung in Berlin-Brandenburg. Eine Untersuchung zur Geschichte des Landesplanungsverbandes Brandenburg-Mitte 1929-1936, Stuttgart 1986, S. 35f.
[14] LAB A Rep. 037-03, Nr. 389, Bl. 52.
[15] Bericht über die Gemeindeverwaltung der Stadt Berlin in den Jahren 1906-1910, Erster Band, 1. Teil (von 4), Berlin 1912, S. 35, künftig abgekürzt: Verwaltungsbericht 1906-1910.
[16] Ruth Glatzer, Berlin zur Weimarer Zeit. Panorama einer Metropole, Berlin 2000, S. 77.; Herbert Schwenk, Berliner Stadtentwicklung von A-Z, Berlin 1998, S. 167.
[17] Verwaltungsbericht 1906-1910 (wie Anm. 15), S. 36. – Hierfür folgendes Beispiel: Ortspolizeiverordnungen mussten in der Regel mit Zustimmung der Gemeindebehörden erlassen werden. Eine Polizeiverordnung aber, die z.B. für beide Seiten der Kurfürstenstraße gelten sollte, konnte nicht als Ortspolizeiverordnung erlassen werden, da sie dann für zwei Gemeinden, Berlin und Charlottenburg, galt. Sie musste als Landespolizeiverordnung erlassen werden, und bei diesen fiel generell jedes Zustimmungsrecht der Gemeindebehörden weg! Siehe dieses und weitere Beispiele in: Landesarchiv Berlin (LAB) A Rep. 037-03 Nr. 389, Bl. 41 ff., hier Bl. 53.
[18] Ein Steuerzahler mit einem Einkommen von 10.000 Mark hatte in Grunewald nur 192 Mark Einkommenssteuer, in Köpenick aber das 2,5 fache, nämlich 510 Mark zu zahlen! Wie Anm. 15, S. 41. – Die Folge war, dass im Jahre 1910 nur noch 55 Prozent der Einwohner Groß-Berlins in der Hauptstadt selbst lebten, vgl. Christoph Bernhardt, Bauplatz Groß-Berlin. Wohnungsmärkte, Terraingewerbe und Kommunalpolitik im Städtewachstum der Hochindustrialisierung (1871-1918), Berlin / New York 1998, S. 17.
[19] Von je 100 gültigen Stimmen entfielen auf die SPD im Jahre 1898 = 59,5, 1907 = 66,2 und 1912 sogar mehr als 75, so dass sie in den acht Groß-Berliner Wahlkreisen sieben Mandate gewann. Hans Nowack, Das Werden von Groß-Berlin (1890-1920), Dissertation, FU Berlin, 1953, S. 50 f.
[20] Ruth Glatzer, wie Anmerkung 16, S. 323.
[21] Preußische Gesetzsammlung 1911, Nr. 20, S. 123-137. – Zum Zweckverband siehe vor allem Ernst Kaeber, Das Weichbild der Stadt Berlin seit der Steinschen Städteordnung, Teil II: Der Kampf um Groß-Berlin 1890-1920. In: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte, Bd. 49, 1937, S. 57-72; Elek Takats, Der Verband Groß-Berlin 1911-1920, seine wirtschaftlichen Aufgaben und Leistungen, Dissertation Köln 1933; Herbert Schwenk, wie Anm. 6; Ulrich Roeske, Der Zweckverband Groß-Berlin (1912-1920), in: Steglitzer Heimat. Mitteilungsblatt des Heimatvereins Steglitz e.V., 57. Jg. 2012, Heft 1, S. 26-31.
[22] Auf der ersten Sitzung des Zweckverbandes am 2. April 1912 bezeichnete der Sozialdemokrat Heymann den Zweckverband Groß-Berlin als „schlechten Ersatz für die allein aus den Wirrnissen der Groß-Berliner Frage führende Eingemeindung großen Stils“ , laut „Täglicher Rundschau“ vom 2.April 1912.
[23] Aus der Begründung der preußischen Minister des Innern und der öffentlichen Arbeiten zum Zweckverbandsgesetz für Groß-Berlin vom 20. Januar 2011, in: LAB A Rep. 035-05-01, Nr. 9.
[24] Acta Borussica, Neue Folge, 1. Reihe: Die Protokolle des Preußischen Staatsministeriums 1817-1934/38, Bd. 10, bearbeitet von Reinhard Zilch, Hildesheim/ Zürich/ New York 1999, S. 112.
[25] Felix Escher, Berlin und sein Umland. Zur Genesis der Berliner Stadtlandschaft bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, Berlin 1985, S. 321.
[26] §§ 1 und 2 des Zweckverbandsgesetzes vom 19. Juli 1911 (wie Anm. 20) S. 123 f.; Hans-Joachim Fieber und Thomas Rockmann, An der Spitze Berlins, Zweiter Teil, Berlin 1995, S. 7.
[27] Monographien deutscher Städte, hrsg. Von Erwin Stein, Band V Berlin- Wilmersdorf, Oldenburg 1913, S. 7.
[28] Friedrich Leyden, Groß-Berlin. Geographie der Weltstadt, Berlin 1995, S. 207 f.
[29] Zum Folgenden vgl. grundsätzlich: Die Wilmersdorfer Blätter. Mitteilungen vom Magistrat der Stadt Deutsch-Wilmersdorf, XV. Jahrgang 1912, S. 138 – 144.
[30] Wie Anm. 15, S. 37.
[31] Max Steinborn (1864 – 1935) war von 1907–1918 unbesoldeter Stadtrat in Wilmersdorf. Seine Aufgabengebiete waren Statistik, Wohlfahrtspflege und Presseangelegenheiten.
[32] Zum Folgenden vgl. Auszug aus dem Protokoll dieser Plenarsitzung in LAB, A Rep. 037-03, Nr. 389, Bl. 183 ff.
[33] Ernst Habermann (1866 – 1958), seit 1897 Vorsteher der Gemeinde Deutsch-Wilmersdorf, ab 1907 Erster Bürgermeister und seit Oktober 1909 Oberbürgermeister der Stadt Wilmersdorf.
[34] Hier irrte Habermann, denn der Verkehrszweckverband – nicht zu verwechseln mit dem späteren Zweckverband Groß-Berlin – kam letzten Endes nicht zustande, vgl. LAB A Rep. 048-05-03, Nr. 254.
[35] Wilmersdorfer Zeitung. Unabhängige Tageszeitung für den Westen Groß-Berlins 9. Jg. Nr. 10 vom 13. 01.1909.
[36] wie Anm. 29, S. 140.
[37] Wilmersdorfer Blätter, wie Anmerkung 29
[38] Denkschrift über die Beziehungen zwischen Berlin und seinen Nachbarorten, im Auftrag des Magistrats von Berlin verfasst von Ludwig Hamburger, Berlin 1903. S. 41 f. – Der Oberpostdirektionsbezirk Berlin deckte sich nicht mit der Berliner Weichbildgrenze, sondern umfasste alle im Umkreis von neun km um den Mittelpunkt der Stadt gelegenen Orte. – Bereits mit Kabinettsorder vom 13. Juli 1901 waren 12 Randorte, darunter Steglitz, Lichterfelde und Tegel, von der Oberpostdirektion Potsdam abgetrennt und der von Berlin zugeteilt worden. Vgl. Fritz Steinwasser, Berliner Post. Ereignissen und Denkwürdigkeiten seit 1237, Berlin 1988,342.
[39] Wilmersdorfer Blätter (wie Anm. 29) S. 142.
[40] Kurt Schustehrus (1856–1913) war 1900-1911 Oberbürgermeister von Charlottenburg.
[41] Geschichte der Stadt Berlin. Festschrift zur 700-Jahr-Feier, Berlin 1937, S. 389. Die Äußerung von Schustehrus kann leider nicht datiert werden; mit Sicherheit stammt sie aber aus dem Zeitraum von 1900 bis 1910.
[42] 300 Jahre Charlottenburg. Von Charlottes Schloss zur Berliner City, Jubiläumsbuch, Berlin 2005, S. 60.
[43] Zitiert aus der „Neuen Zeit“ Charlottenburg vom 28.Januar 1912 in: Martin Ohm, Rixdorf erhielt vor 50 Jahren Stadtrechte. Kommunalpolitische Betrachtungen zum 1.4.1949, Manuskript, 1949, S. 80. – Das „Teltower Kreisblatt“ vom 18. Februar 1912 bezeichnete Charlottenburg als „die stolzeste Tochter Berlins“.
[44] Leyden, wie Anmerkung 28, S. 207f..
[45] Dazu beigetragen hatte auch ein damals in ganz Groß-Berlin und darüber hinaus bekannter Gassenhauer: „In Rixdorf ist Musike, da tanz ick mit der Rieke…“, siehe Neukölln – Ein Bezirk von Berlin, Fotografiert von Werner Kohn, Text Richard Schneider, Berlin 1993, S. 10.
[46] Der Rixdorfer Magistrat schätzte rückblickend ein: „Phonetisch bedeutete der Name Rixdorf zweifellos einen Missklang, der mit Geringschätzung nicht nur in Berlin, sondern auch auswärts ausgesprochen wurde.“ Verwaltungsbericht der Stadt Neukölln für die Geschäftsjahre 1910 und 1911, bearbeitet vom Statistischen Amt, Neukölln 1913, Vorwort. – LAB, A Rep. 044-03, Nr. 75.
[47] Rixdorfer Tageblatt vom 5. März 1911.
[48] Die Wilmersdorfer Zeitung vom 31. Juli 1910 zitiert ohne konkrete Datumsangabe aus dem Rixdorfer Tageblatt. .-Das Hauptargument des Rixdorfer Grundbesitzervereins für den Anschluss an das „nominelle Groß-Berlin“ sah dieser darin, dass ein Grundstück in Berlin-Rixdorf einen höheren Wert haben müsse als eines in Rixdorf bei Berlin, vgl. Martin Ohm, S. 79.
[49] Martin Ohm, S. 81
[50] LAB, A Rep. 044-03, Nr. 75.
[51] Jürgen Grothe, Spandau im Wandel der Geschichte, Berlin 2000, S. 112.
[52] Aus der Begründung des Groß-Berlin-Gesetzes , Okt. 1919, Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (im folgenden: GStA), Rep. 84A, Nr. 9290, Bl. 170-203, hier Bl. 174RS. – Noch im Jahre 1932, zur 700-Jahr-Feier der Stadt, schrieb der amtierende Oberbürgermeister Friedrich Koeltze (1852-1939): „Ich hoffe und wünsche, dass das Gebilde von Groß-Berlin einmal wieder auseinanderfällt und die Stadt Spandau zu neuem Leben erwacht“! Vgl. Sigrid Hoff, Spandau. Stadtführer, Berlin 1994, S. 5.
[53] L AB A Rep. 001-02, Nr. 626, Bl. 125.
[54] Zum folgenden vgl. „Wilmersdorfer Blätter“ (wie Anm. 29) S. 142f.
[55] „Wilmersdorfer Zeitung“ 10. Jg. Nr. 167 vom 20. Juli 1910.
[56] Die Beschlüsse der einzelnen Vororte sind enthalten in: LAB, A Rep. 001-02, Nr. 640, Bl. 15 ff.
[57] LAB, A Rep. 047-03, Nr. 26, Bl. 82-116.
[58] Steglitz gelang es trotz intensiver Bemühungen bis 1920 nicht, Stadt zu werden, siehe Ulrich Roeske, Warum die Landgemeinde Steglitz keine Stadt werden konnte in: Berlin in Geschichte und Gegenwart. Jahrbuch des Landesarchivs Berlin 1910, S. 57-79.
[59] LAB, A Rep. 042-05-03, Nr. 426, Bl. 18f.
[60] LAB, A Rep. 001-02, Nr. 640, Bl. 4. – Diese Akteneinheit trägt den Titel „Das nominelle Groß-Berlin“.
[61] Ebd., Bl. 7.
[62] Martin Kirschner (1842-1912) war von 1899-1912 Oberbürgermeister von Berlin. – Siehe auch unten Anm. 68.
[63] LAB, A Rep. 001-02, Nr. 640. Bl. 8Rs. – Karl Steiniger (1864-1947) wurde im April 1912 Direktor des Zweckverbandes Groß-Berlin.
[64] LAB A Rep. 001-02, Nr. 640, Bl. 13.
[65] Ebd. Bl. 32-42, alle folgenden Zitate zum Gutachtentext beziehen sich hierauf.
[66] Siehe dazu den nächsten Abschnitt.
[67] Im Entwurf steht interessanterweise „umfassende Eingemeindung“.
[68] Bericht des Oberbürgermeisters Kirschner an den Minister des Innern vom 3. September 1906, Berlin 1906. -Siehe auch: GStA I.HA, Rep. 77, Tit. 227A, Nr. 87, Bd. 1, Bl. 42-72. – Zu den Lebensdaten Kirschners vgl. oben Anm. 58. – Daniel S. Mattern bezeichnet ihn als „überzeugten Groß-Berliner“ in seiner Kurzbiographie Kirschners in: Stadtoberhäupter. Biographien Berliner Bürgermeister, hrsg. von Wolfgang Ribbe, = Berlinische Lebensbilder, Bd. 7, Berlin 1992, S. 162.
[69] Siehe den stenographischen Bericht zur Vorlage 443 und zum Beschlussprotokoll Nr. 52 in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung vom 12. April 1911. In: LAB, A Rep. 001-02, Nr. 640, B. 24f. Die folgenden Zitate beziehen sich hierauf.
[70] „Vossische Zeitung“ vom 12. April 1911.
[71] Hervorhebung im Original.
[72] „Berliner Börsen-Courier“ vom 11. April 1911.
[73] „Der Tag“ vom 13. April 1911.
[74] „Tägliche Rundschau“ vom 13. April 1911.
[75] „Berliner Morgenpost“ vom 13. April 1911.
[76] „Germania“ vom 16. April 1911. Das Gedicht ist mit dem Pseudonym „Augustin“ unterzeichnet.
[77] „Lichtenberger Tageblatt“ vom 12. April 1911.
[78] LAB, A Rep 001-02, Nr. 640, Bl. 44-50.
[79] Es konnten leider keinerlei Vorgänge zum Thema in den relevanten Akten dieser Behörden gefunden werden, weder in den Beständen des Bundesarchivs noch des Geheimen Staatsarchivs.
[80] „Wilmersdorfer Blätter“ (wie Anm. 28), S. 143.
[81] „Wilmersdorfer Zeitung“ vom 18. Juli 1911.
[82] Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam und der Stadt Berlin, 1912, S. 115. – Gemeindeblatt Berlin vom Februar 1912, Nr. 7.
[83] Der „Groß-Lichterfelder Lokalanzeiger“ vom 3. April 1912 kommentierte: „Unser liebes altes Groß-Lichterfelde hat sich nun – dem Drange der Zeit folgend – in Berlin-Lichterfelde verwandelt, ist also ein Stück des emporblühenden neuen Groß-Berlin geworden.“
[84] Kabinettsorder vom 24. September 1913, in: LAB, A Rep. 046-05-04, Nr. 50, unfoliiert. – Warum Johannisthal erst anderthalb Jahre später umbenannt wurde, ist nicht bekannt. Es ist anzunehmen, dass später auch weitere Vorortgemeinden den „Berlin-“Vorsatz vor ihren Ortsnamen erhielten, jedoch sind konkrete Fakten hierzu in der mehrfach zitierten und für das Thema am meisten relevanten Akte „Das nominelle Groß-Berlin“ nicht gefunden worden.
[85] Gleichlautender Text in: “ Berliner Börsenzeitung“ vom 31. März 1912, „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ mit dem Titel „Das nominelle Groß-Berlin vom 31. März 1912 und „Deutsche Zeitung“ vom 2. April 1912.
[86] „Tägliche Rundschau“ vom 1. April 1912.
[87] „Berliner Tageblatt“ vom 1. April 1912.
[88] „Vorwärts“ vom 31. März 1912. Diese Voraussage trat umgangssprachlich zwar ein, aber in der Amtssprache blieb bis 1920 „Charlottenburg bei Berlin“ Vorschrift.
[89] Ob das auch im Kreis Niederbarnim geschah, ist zwar anzunehmen, konnte aber nicht nachgewiesen werden.
[90] LAB A Rep. 042-05-03 Nr. 426.
[91] LAB A Rep. 035-05-01 Nr. 1, Bl. 20.
[92] Gesetz über die Bildung einer neuen Stadtgemeinde Berlin, in: Preußische Gesetzsammlung 1920, S. 123-150.
[93] Hans-Werner Klünner, Berlins Weg zur staatlichen Selbständigkeit, in: Der Bär von Berlin, Jahrbuch 1993 des Vereins für die Geschichte Berlins, S. 131-137. hier S. 131.
[94] Herbert Schwenk, Es hing am seidenen Faden (wie Anm. 6), S. 8.
[95] LAB A Rep 0037-03, Nr. 389, Bl. 41-179, hier Bl. 41f., Stenographischer Bericht über eine öffentliche Versammlung des „Liberalen Vereins für Schöneberg“ vom 20. März 1907.
[96] Kommentar Max Steinborns im „Berliner Tageblatt“ vom 1. April 1912.
[97] Wie Anm. 32
[98] Näheres siehe Ulrich Roeske (wie Anm. 58).
[99] Wie oben Anm. 77.
[100] Es soll an dieser Stelle noch einmal festgestellt werden, dass keinerlei Vorgänge zu igendwelchen Problemen bei der Vorbereitung und Abfassung der Kabinettsorder weder in den relevanten Aktenbeständen preußischer Zentralbehörden im Geheimen Staatsarchiv noch in den Reichsbeständen des Bundesarchivs gefunden werden konnten.
[101] Wie Anm. 70.
[102] Herbert Schwenk (wie Anm.6), S. 13.
[103] Wilhelm Pfannkuch (1841-1923), zitiert in: Von der Kaiserstadt nach Groß-Berlin. Illustrierte Chronik 1871-1920, hrsg. von Hans-Jürgen Mende, Reihe Marginalien zur Kultur- und Sozialgeschichte Berlin-Brandenburgs, Berlin 1983, S. 126.
Über den Autor
Ulrich Roeske
Geb. 1941, 1959-1961 Ausbildung zum Staatlich geprüften Archivar an der Fachschule für Archivwesen Potsdam, 1965-1971 Studium der Geschichte und Archivwissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin, ab 1965 tätig im Zentralen Staatsarchiv Potsdam bzw. ab 1990 im Bundesarchiv Potsdam und Berlin, seit Okt. 2005 im Ruhestand; 2006-2016 ehrenamtlicher Leiter des Archivs im Steglitz-Museum Berlin. Einzelne Veröffentlichungen in den Archivmitteliungen, im Archivar, im Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte und im Jahrbuch des Landesarchivs Berlin zu archivwissenschaftlichen und historischen Themen, seit dem Ruhestand zu heimatgeschichtlichen Themen.