DIE GEMEINSAME REGION HANDLUNGSFÄHIG MACHEN

Vorschlag für einen Regionalrat Berlin-Brandenburg

Pressegespräch am 04. März 2020 in den Räumen der Stitung Zukunft Berlin.

Stiftung Zukunft Berlin schlägt ein neues Zukunftsforum für Berlin und Brandenburg vor

Berlin und Brandenburg kommen nur gemeinsam voran: Das zeigt die Entwicklung der vergangenen Jahre dringlicher als je zuvor. Deshalb muss es künftig eine verbindliche Struktur geben, in der gemeinsame Themen beraten und gemeinsame Lösungen gesucht werden. Die Region Berlin-Brandenburg steht vor Herausforderungen, die endlich auch eine organisatorische Antwort verlangen.

Wirtschaftsförderung und -ansiedlung, Verkehrspolitik, Wohnungsbau: Es gibt viele aktuelle Themen, zu denen die Abstimmung zwischen Berlin und Brandenburg bei weitem nicht so gut ist, wie sie sein müsste. Seit dem Scheitern der Länderfusion haben beide sich dieser Aufgabe nur in Ansätzen gestellt. Tatsächlich gingen beide Länder zu oft getrennte Wege. Dabei muss doch gelten: Gerade weil es keine Fusion gibt, muss Kooperation in jeder Hinsicht den Alltag der Nachbarschaft bestimmen.

Wir fordern, endlich die richtige Passform für die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg zu entwickeln und zu realisieren. Mit der Idee eines Regionalrates machen wir unsere Forderung konkret. Er verletzt nicht bestehende Zuständigkeiten, sondern fordert sie heraus und führt sie zusammen. Dass das funktionieren kann, machen andere Metropolregionen in Deutschland seit langem vor.

2020 ist dafür ein gutes Datum: Groß-Berlin besteht seit 100 Jahren, das Land Brandenburg seit 30 Jahren. Wir dürfen in diesem Jahr nicht nur die Gestaltungskraft der damals Zuständigen feiern, sondern müssen unserer eigenen Gestaltungsverpflichtung heute nachkommen.

Führende Vertreter*innen von Planer-Vereinigungen der Region sowie die Stiftung Zukunft Berlin haben einen konkreten Vorschlag für den „Regionalrat“ entwickelt, den wir Ihnen vorstellen wollen. Dieser Vorschlag will als Auftakt für die gemeinsame Suche nach der besten Lösung verstanden werden.

Zu einem Pressegespräch über unser Konzept eines Regionalrates, seine Herleitung und die Beweggründe haben wir am 4. März eingeladen.

Hier einige Reaktionen der Presse:

https://www.morgenpost.de/brandenburg/article228616335/Experten-fordern-Regionalrat-fuer-Berlin-und-Brandenburg.html

https://www.morgenpost.de/meinung/article228616903/Ein-Regionalrat-fuer-Berlin-und-Brandenburg-ist-notwendig.html

https://www.tagesspiegel.de/berlin/planerische-defizite-in-metropolregion-berlin-brandenburg-stiftung-zukunft-berlin-fordert-gemeinsamen-regionalrat/25610468.html

Ein Regionalrat für Berlin und Brandenburg

Präambel

Berlin und Brandenburg bilden eine gemeinsame Region. Sie ist funktional intensiv verflochten. Sie zeichnet sich durch sehr unterschiedliche und sich ergänzende Stärken aus. Diese vielfältige Region ist ein Glück, eine Chance und eine Verpflichtung für alle, die in ihr leben und in ihr gesellschaftliche und politische Verantwortung tragen.

Diese gemeinsame Region verlangt eine organisatorische Antwort, die den Möglichkeiten und den Aufgaben in dieser Metropolregion gerecht wird. Den politisch Verantwortlichen und Interessierten aller Entscheidungsebenen in Berlin und Brandenburg muss eine Organisation zur Verfügung stehen, in der sie gemeinsam die Chancen und Herausforderungen der Gesamtregion nicht nur punktuell, sondern flächendeckend und  kontinuierlich zur Sprache bringen und bearbeiten können. Erforderlich ist eine Organisation, die beide Landesregierungen ebenso wie die dezentralen Kompetenzen in beiden Bundesländern sowie die zivilgesellschaftliche wie wirtschaftliche Initiativen („gesellschaftliche Repräsentanten“) in Berlin und Brandenburg einbezieht.

Es geht nicht darum, in die demokratischen Rechte und Pflichten der beteiligten Gebietskörperschaften einzugreifen. Es geht aber darum, sie auf das Gelingen der gemeinsamen Aufgabe „Hauptstadtregion“ in einer zu vereinbarenden und sodann verbindlichen Weise zu verpflichten,

Aufgabe der in der Hauptstadtregion politisch und gesellschaftlich Verantwortlichen ist deshalb, eine Organisation „Regionalrat“ zu schaffen.

  • in der sie Ziele und Maßnahmen von regionaler Bedeutung gemeinsam erörtern
  • sowie mit einfacher oder qualifizierter Mehrheit Empfehlungen beschließen können,
  • zu denen die jeweils ablehnende Minderheit förmlich durch ihre zuständigen Gremien Stellung nehmen muss.

Zur „Gesellschaftsform“ des Regionalrates gehört auch, dass dessen Arbeit grundsätzlich öffentlich, „vor aller Augen“ geleistet wird und dass darüber hinaus gesellschaftliche Repräsentanten beider Bundesländer Gelegenheit erhalten, die Arbeit des Regionalrates zu kommentieren und regelmäßig Anregungen mit ihm zu erörtern.

Regionalrat

  1. Die Aufgabe

des Regionalrats ist eine gemeinsame flächendeckende strategische Ausrichtung der Entwicklung und Entwicklungsplanung in der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg

  • unter Einbeziehung:
  • beider Landesregierungen,
  • der Kreise und kreisfreien Städte Brandenburgs,
  • der Kommunen Brandenburgs,
  • der Stadtbezirke Berlins
  • mit dem Ziel (nach Erörterung mit gesellschaftlichen Repräsentanten) gegenseitigen Informations- und Erfahrungsaustauschs einschließlich freiwilliger Verabredungen und Kooperationen, sowie Erörterungen mit gesellschaftlichen Repräsentanten,
  • sowie eines gemeinsamen Auftretens und gemeinsamer Initiativen der Region,
  • mit einem Vorschlagsrecht für (in anderen Zuständigkeiten) zu beschließende verbindliche Kooperationen und Projekte und des Rechts zur Stellungnahme zu „größeren“ (enumerativ festgelegten oder in ihrer Größenordnung beschriebenen) Planungsvorhaben und Entwicklungsmaßnahmen In der Region.
  1. Die Gremien des Regionalrats sind:
  • eine mindestens zweimal im Jahr tagenden Vollversammlung,
  • ein neunköpfiges Exekutivgremium
  • und eine Geschäftsführung
  • regional- oder themenbezogene Arbeitsgruppen („Dialogforen“)

Die Vollversammlung besteht aus:

  • je 3 Mitgliedern der beiden Landesregierungen,
  • je einem Vertreter der in den Landesparlamenten vertretenen Parteien,
  • 3 Landräten/Oberbürgermeistern,
  • 3 Bezirksbürgermeister,
  • 6 Bürgermeistern und
  • je einem Vertreter kommunaler Kooperationsverbünde.

Diese Mitglieder werden jeweils durch die von ihnen vertretenen Ebenen entsandt.

  1. Der Regionalrat handelt nach außen durch sein Exekutivgremium. Das Exekutivgremium wird geleitet von je einem Vertreter der beiden Landesregierungen sowie einem Vertreter der Brandenburger kommunalen Ebene.

Es besteht darüber hinaus aus zwei weiteren Mitgliedern der Brandenburger kommunalen Ebene sowie je einem Vertreter der Landesparlamente, der kommunalen Kooperationsverbünde und der Berliner Bezirke.

Das Gremium beschließt mehrheitlich, jedoch nicht gegen die Stimme eines Vertreters der beiden Landesregierungen. Es tagt auf Antrag eines der drei Vorsitzenden, im Übrigen turnusmäßig viermal im Jahr.

Anlass und Ziel

Es geht um eine Organisation, die für das gemeinsame Wollen und die gemeinsame Zukunft der Region (die, so in der Vereinbarungen zur „Hauptstadtregion“ festgelegt, das Gebiet beider Bundesländer umfasst) steht. Sie will nicht in bestehende Zuständigkeiten eingreifen. Sie will vielmehr diese durch Kooperationen, durch eine Ordnung für Problemlösungen und Initiativen wirksamer machen.

In den Gremien des Regionalrats herrscht mit Absicht ein Übergewicht der kommunalen Ebene. Es soll ein Gremium sein, das „von unten“, also im Wortsinn demokratisch getrieben wird. Das Gewicht der Landesebene ist demgegenüber ohnehin vorgegeben durch die Kraft Ihrer Zuständigkeiten (einschließlich der parlamentarischen Kontrolle). Ihre Souveränität bleibt durch das Vetorecht unangetastet.

Unterzeichnet von:

Prof. Dr. Harald Bodenschatz
Prof. Dr. Klaus Brake
Dr. Volker Hassemer, Stiftung Zukunft Berlin
Aljoscha Hofmann, Council for European Urbanism Deutschland e.V.
Jutta Kalepky
Karsten Knobbe
Dr. Friedemann Kunst, DASL Landesgruppe Berlin-Brandenburg
Tobias Nöfer
Thomas Thurn
Sabine Toepfer-Kataw