Nachlese Kolloquium „100 Jahre Groß-Berlin – Die Wohnungsfrage (1)“

 

Die Ordnung des «administrativen Chaos» durch das Groß-Berlin-Gesetz schuf entscheidende Rahmenbedingungen für eine neue Wohnungspolitik, die zur Verbesserung der Wohnverhältnisse breiter Schichten führte, so Prof. Dr. Klaus Brake zu Beginn der Veranstaltung im Abgeordnetenhaus. Durch die zahlreichen Eingemeindungen im Jahr 1920 wuchs die Fläche Berlins um das Dreizehnfache, die Bevölkerungszahl verdoppelte sich. Nun erst war eine einheitliche kommunale Planung und eine Bodenvorratspolitik möglich, die im Kontrast zur Bodenveräußerungspolitik der Gründerzeit stand.

Vor dem Hintergrund dynamisch wachsender Bevölkerungszahlen und steigender Mieten in der Hauptstadtregion hat das vielschichtige Thema Wohnen heute – wie damals – eine große Bedeutung. Die Resonanz auf die Auftaktveranstaltung war daher groß: Etwa 170 Teilnehmende folgten dreizehn Referierenden aus Wissenschaft, Politik, Planung und Wohnungswirtschaft. Das Kolloquium stellte verschiedene Träger- und Finanzierungsmodelle sowie Leitbilder und Zielgruppenausrichtungen im zeitlichen Kontext gegenüber und warf den Blick auf drei weitere europäische Metropolen: Moskau, London und Paris. Über die Wichtigkeit der gemeinsamen Regionalplanung für die «Spreeregion» (Ephraim Gothe) herrschte Einigkeit. Die Rolle privater Akteure beim Wohnungsneubau wurde dagegen kontrovers diskutiert. Der Sozialwissenschaftler Dr. Andrej Holm sprach sich für eine Wohnraumversorgung jenseits von Profit aus und für eine Ausrichtung an der Kaufkraft der Bewohnerschaft. Die Veranstaltung verdeutlichte neben der Relevanz der Planung, Finanzierung und Trägerschaft auch die Wichtigkeit einer sozial ausgewogenen Stadtentwicklung und einer sozialen Mischung der Bewohnerstruktur.
Prof. Dr. Maren Hartnack zeigte am Bespiel London die negativen Auswirkungen einer liberalen Stadtentwicklungspolitik auf das Sozialgefüge.
Auf der Veranstaltung wurde von mehreren Referierenden darauf hingewiesen, dass Wohnungsnot aus einem Mangel an bezahlbarem Wohnraum resultiert und die räumliche Dimension nicht ohne die gesellschaftliche gedacht werden sollte.

Bis 2020 wird die jährlich stattfindende Veranstaltungsreihe zu weiteren Schlüsselaufgaben wie «Die Verkehrsfrage», «Die Grünfrage», «Die Planungskultur» fortgesetzt, sie mündet schließlich im Jahr 2020 in die Abschlusskonferenz zu Perspektiven für die Hauptstadtregion. Eine ausführliche Publikation über «Die Wohnungsfrage» wird zum 13. Kolloquium im Februar 2017 vorbereitet.

Weitere Informationen zur Kolloquien und Publikationsreihe finden Sie auf der Webseite der Hermann Henselmann Stiftung.